Gewinner und Sieger
Im Winter 2009 von Dr. Luis Fuchs
Die 20-jährige Konditorin Veronika Kuen hat Gold in ihrem Beruf geholt und ist jetzt Weltmeisterin. Es scheint recht einfach zu sein, eine Weltmeisterschaft zu gewinnen: Der Bewerber meldet sich an, fliegt hin und holt sich die Medaille. Das jahrelange Training, all die Ausdauer, Disziplin und Selbstbeherrschung sind im Wort holen nicht im Mindesten enthalten, ja nicht einmal angedeutet.
In früheren Zeiten gingen bei Wettbewerben die Besten durchwegs als Sieger hervor. Allerdings ging dem Sieg vielfach ein Kampf, eine Schlacht, ein Krieg voraus, wonach die Unterlegenen notgedrungen als Besiegte gebrandmarkt wurden. Sogar die zarte Muse der Musik hatte sich im Mittelalter herabgelassen, den Sängerkrieg auf der Wartburg auszutragen. In der Arena der Politik gibt es nach erbitterten Wahlkämpfen und Schlammschlachten ja auch die Wahlsieger. Auf kultureller und sozialer Ebene werden herausragenden Persönlichkeiten am Hohen Frauentag in Innsbruck die Verdienstkreuze und -medaillen überreicht. Ähnlich wie die Nobelpreisträger und die Ordensträger sind auch diese Geehrten dann Träger, halt des Kreuzes; die außergewöhnlichen Verdienste der Ausgezeichneten kommen im Ausdruck „Träger“ eigentlich nicht zum Tragen. Wie wär’s, wenn diese verdienstvollen Bürger als Ausgezeichnete Tiroler im wörtlichen wie übertragenen Sinne betitelt würden?
Der israelische Regisseur Samuel Maoz hat kürzlich beim Filmfestival in Venedig den „Goldenen Löwen“ gewonnen, stand in den Zeitungen, und nicht einfach geholt. Ähnlich wird im spannenden Moment einer Oscarverleihung der Briefumschlag geöffnet und verkündet: The winner is …. Am letzten Wochenende wurde in Laas der Franz-Tumler-Literaturpreis verliehen. Der Prämierte wurde als Gewinner und keinesfalls als Sieger geehrt. Es sollte doch bei allen Wettbewerben der Leitgedanke gelten: Dabei sein ist alles.