Fasten in unserer Zeit
Editorial 4/2010
Im Winter 2010 von Margareth Bernard
Noch bevor die letzten Narren und Faschingshungrigen den Weg nach Hause und zurück in den Alltag gefunden haben, bricht jedes Jahr eine Flut von Anregungen und Informationen zum Thema „Fasten“ über uns herein. Über alle Medien werden Anleitungen und Denkanstöße verbreitet, die Kirche und andere Institutionen wenden sich intensiv diesem Thema zu.
Fasten als Verzicht hat in den großen Religion seit jeher eine besondere Bedeutung. Doch was kann das Fasten heute, in unserer übersättigten, schnelllebigen, wertarmen Zeit sein?
Es ist beschämend, wie die Menschen der westlichen Welt aufgrund übermäßiger Genüsse immer mehr aus den Nähten platzen, während die restliche Menschheit nicht weiß, wie sie den nächsten Tag überleben soll. Hier kann man das Fasten im herkömmlichen Sinn ansetzen: Bewusst auf teures, aufwendiges Essen verzichten und das ersparte Geld dann auch für den Hunger in der Welt spenden.
Wenn das Fasten verzichten heißt, dann gibt es noch viele Möglichkeiten, Verzicht zu üben. Wir müssen uns nicht stundenlang von hohlen Programmen im Fernsehen berieseln lassen, die auch noch dazu führen, dass die eigene Meinung und die Fantasie verkümmern und eigene Initiativen schon im Keime erstickt werden. Wir müssen auch nicht mit den größten und schnellsten Autos durch die Lande rasen. Und wir müssen nicht jeden Weg mit dem Auto zurücklegen, unsere Luft und unsere Gesundheit würden es uns danken.
Vielleicht können wir uns ein bisschen zurücknehmen, uns weniger wichtig nehmen. Vielleicht gelingt es uns, hinzuhören, wenn es um die Nöte unserer Mitmenschen geht, Zeit zu haben, wenn andere unsere Zeit brauchen. Vielleicht können wir ehrlich mitfühlen, wenn es anderen schlecht geht. Vielleicht gelingt es uns, Werte neu zu entdecken, zu pflegen und zu hegen.