Riemchensandalensilvesterparty ...
Im Winter 2010 von Verena Maria Hesse
Wenn man um die Weihnachtszeit in den Modezeitschriften blättert oder durch die TV-Sender zappt, kriegt man dieses ganz bestimmte Bild von den Festtagen vermittelt: Die Mutter trägt am Heiligen Abend das Kleine Schwarze, aufgepeppt durch glitzernde Accessoires, getragen mit Pumps und den extra edlen Strumpfhosen, die man nur zu besonderen Anlässen aus der Lade lässt. Das Haar aufgesteckt und - um die Strenge ein wenig zu brechen - ein paar Strähnchen rausgezupft, die, nach dem Formen mit dem Lockenstab, sanft das Festtagsgesicht umschmeicheln. Die kleinen Mädchen tragen goldene Zöpfchen und Kleidchen mit Norwegermustern, die Buben eine Cordhose und ein Karohemdchen, dessen Kragen dafür sorgt, dass der Strickpullover beim Herumtollen und dem dadurch entstehenden Schwitzen nicht zu sehr am Hals kratzt.
Der Herr im Haus trägt selbstverständlich Anzug und Krawatte, wobei beim sportlichen Typ ein Partnerlook mit dem Buben durchaus akzeptiert werden könnte.
In den Modezeitschriften tragen am Heiligen Abend alle die Straßenschuhe in der eigenen Wohnung, jeder lässt den anderen ausreden und jeder reicht dem anderen unaufgefordert den Brotkorb. Alle haben Geschenke gekauft, die in Europa unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt worden sind und die Kleider der Puppen, die die kleinen Mädchen unterm Christbaum finden, sind aus Ökobaumwolle.
Mami und Papi trinken gepflegt ein (oder maximal zwei) Gläschen Rotwein zum Weihnachtsbraten und nachdem der Junge ein paar Weihnachtslieder auf dem Klavier gespielt hat, sorgt für den Rest des Abends die B&O für die klassische Untermalung.
Der Flachbildfernseher bleibt am Weihnachtsabend selbstverständlich aus, jeder widmet sich offenherzig den Anliegen des anderen, ist für jedes einzelne der erhaltenen Geschenke unendlich dankbar und alle räumen gemeinsam den Tisch ab. Am Ende sagt man sich vor dem Zubettgehen im neuen Flanellpyjama, dass es das schönste Weihnachtsfest der Welt war.
Ich für meinen Teil kann diesem „Gemälde“ von Weihnachten schon etwas abgewinnen, wäre ja auch schön, wenn immer alles so geschmiert laufen würde…