Nicht ist nicht nichts
Im Winter 2013 von Dr. Luis Fuchs
„Ich habe nichts getan, was den Gesetzen entspricht.“ Angesprochen auf den SEL-Skandal habe Durnwalder bei einer Pressekonferenz wortwörtlich diese Aussage gemacht, berichtete das Wochenmagazin ff. Das zweite „nicht“ hat der Landeshauptmann ganz einfach versehentlich ausgelassen und somit den Eindruck erweckt, gesetzeswidrig gehandelt zu haben. Er wird schon nichts tun, was den Gesetzen nicht entspricht, das nehmen wir ihm ja ab.
Vorsicht ist immer geboten, wenn wir doppelt verneinen. Wenn Minus mal Minus in der Mathematik Plus ergibt, so macht Nein mal Nein meistens Ja. „Niemand hat die Einladung nicht angenommen“, bestätigte der Vereinsvorsitzende; das heißt, alle haben die Einladung angenommen. „Die Tourengeher wurden nicht für nichts gewarnt“, hieß es, die Warnung wurde also aus gutem Grund ausgegeben. Steht nach „nicht“ ein Wort mit negativer Bedeutung, so kommt dies oft einer vorsichtigen Bejahung gleich. „Wir sind nicht unglücklich über das WM-Ergebnis“, meinte der Rennsportleiter; er ist also nicht unglücklich, aber auch nicht gerade überglücklich. Über Durnwalders Abgang aus der Politik ist man nicht ungeteilter Meinung; nicht alle meinen, dies sei für die Zukunft unseres Landes von Vorteil.
Im umgangssprachlichen und mundartlichen Bereich hingegen kann eine doppelte Verneinung eine Verstärkung der Verneinung ergeben. Zu den Hintergründen des Papstrücktritts äußerte sich der ORF-Sprecher letzte Woche: „Nichts Genaues weiß man nicht.“ Wenn beispielsweise ein Bayer meint, eine Angelegenheit interessiere doch niemanden, so sagt er: „Des interessiert doch ka Sau net!“ Im Bairisch-Österreichischen gibt es sogar die dreifache Verneinung: „Hat denn kaaner kaa Geld net mit?“ Ludwig Thoma lässt den Abgeordneten Filser aus dem „Minchner Barlamend“ berichten: „Liebe Mari, ich bin froh, das ich keine Rede nicht halden brauch, sondern das Maul.“
Im Italienischen ist die doppelte Verneinung oft zwingend. „Non c’è nessuno“ darf ich nicht wörtlich übertragen mit: „Es ist nicht keiner da.“ Wenn der Italiener sagt: „Questo non è niente“, so meint er ein absolutes Nichts. „Das ist nicht nichts“ bedeutet im Deutschen das gerade Gegenteil, bei uns ist dann von etwas Bedeutsamem die Rede.