Wohnen Sie noch oder leben Sie schon?
Im Frühling 2013 von Verena Maria Hesse
Zählen Sie eher zur Spezies der Deko-Opfer und Ikea-Fanatiker und derer, die, schon lange bevor der Frühling kam, die ersten Blümchen am Balkon gepflanzt haben, oder sind Sie Wohnbanause und sehen die eigenen vier Wände als reine Notwendigkeit an, als Rückzugsort mit völlig introvertiertem Charakter sozusagen, den man niemandem zeigen muss und wo man völlig unentdeckt hausen kann, weil man dort ja eh nur selten ist und wenn, dann nur zum Schlafen und Duschen?
Erstere Gattung stellt gelegentlich die Wohnung um. Nicht deshalb, weil ein Kind geboren wurde oder man sich ein Haustier zugelegt hat, sondern weil man es so möchte. Man will sein Heim mitunter verändern. Wie seinen Haarschnitt und wie seinen Kleidungsstil. Ist ja legitim, der Körper ist ja die erste Haut des Menschen, die Kleidung die zweite und die Wohnung die dritte.
Der zweite Typ sieht überhaupt keine Notwendigkeit, etwas daheim zu verändern. Er wohnt eben, anstatt zu leben. Er lädt seinen persönlichen Akku auch in einer dunklen Bude, wo unnütze Möbel in der Gegend herumstehen und die Glühbirne schon seit Weihnachten ausgewechselt werden sollte, er kann sich auch aus einem verkalkten Wasserhahn etwas zum Trinken herunterlassen und ob sein Sofa bordeauxrot oder bunt gemustert ist, ist ihm eigentlich egal – das sieht man, wenn es finster ist, sowieso nicht und bis es finster ist, arbeitet er immer und am Wochenende, wenn es nicht finster ist, hat er eh Besseres zu tun als sich um seine Wohnung zu kümmern und beim Liegen spürt man ob der Farbe keinen Unterschied.
Der springende Punkt ist, dass das Wohnen für den Einen eben nur ein Dach überm Kopf bedeutet und für den Anderen ein Teil seiner Persönlichkeit ist.
Ich selbst gehöre eindeutig denen an, die schon leben. Ich betrachte mein Heim als einen Teil von mir, meine Wohnung ist ein Stück Verena, wo ich sein kann, wer ich bin, wo ich meine Ruhe habe und wo ich mein eigener Herr bin.
Ich würde meine Wohnung nahezu andauernd umstellen, für mich gibt es immer Verbesserungsbedarf und vor allem Verbesserungsmöglichkeiten: ob es sich dabei nur um ein Neuarrangement des Bestehenden handelt oder um den Erwerb von etwas Neuem sei dahingestellt.
Mein Kopf sprudelt nur so über von Ideen, was meine Wohnsituation betrifft, ich selbst betrachte das Umziehen, auch wenn es mit viel Energie, Kraft und Geldaufwand verbunden ist, als ungemein befreiend: Was kann es Schöneres geben, als sich wieder neu ein-zu-richten? Es ist ein Aderlass, eine Detox-Kur, ein Abwerfen der Altlasten, eine Neuorientierung und eine Bereicherung.