Essbare Pilze und ihre giftigen Doppelgänger
Teil 1
Bald ist es wieder so weit: Die Pilzsaison beginnt. So wie in allen Jahren, wird sich auch heuer eine Vielzahl von Menschen in den Wald begeben, um Pilze zu sammeln. Diese sonderbaren Früchte des Waldes, deren Lebensweise noch vielen unbekannt ist, erfreuen unseren Gaumen als besondere Leckerbissen.
Aber Vorsicht! Auch die beliebtesten und bekanntesten Pilzarten haben manchmal giftige Doppelgänger. Hinzu kommt noch, dass sich einzelne als essbar bekannte Pilze aufgrund der letzthin durchgeführten Forschungen als giftig erwiesen haben. Dabei ist der einzelne Giftstoff oft noch unbekannt, da es sich meistens um Giftkomplexe handelt.
Obwohl heutzutage den medizinischen Wissenschaften die wichtigsten und schwersten Pilzvergiftungen bekannt sind, werden sich die Leser über die Aussage der Experten wundern, dass in diesem Bereich noch vieles unerforscht geblieben ist. In den letzten 15 Jahren haben sich die Pilzvergiftungen nahezu verdoppelt! Ob es zu einer Vergiftung kommt, hängt vor allem von der Giftmenge (Dosis) ab. Auch bei den Pilzen werden die Grundsätze der Toxikologie immer oder fast immer beachtet. Der erste entscheidende Faktor für die Auslösung einer Vergiftung ist die eingenommene Menge. Der dosisabhängige Auslösungsmechanismus ist den unerfahrenen Pilzsammlern oft nicht bekannt: Diese sammeln und essen oft verhältnismäßig kleine Pilzmengen, die in Wirklichkeit schädliche Stoffe enthalten können. Es kommt daher immer wieder vor, dass eine kleine Giftmenge keine akuten Vergiftungssymptome auslöst, aber es entsteht dabei ein Phänomen, das wir als „kulturellen Schaden“ bezeichnen. Dies heißt, dass der Konsument von der Essbarkeit dieser Pilze überzeugt ist, sie immer wieder sammelt und verzehrt, sie auch seiner Familie, den Mitbewohnern, Freunden usw. empfiehlt. Bei wiederholtem Verzehr kommt es dann plötzlich zu Vergiftungserscheinungen, die oftmals auch schwere Folgen haben können.
Es kommt manchmal auch vor, dass Pilze, die ohne Grundkenntnisse gesammelt werden, innerhalb kurzer Zeit mehrmals verspeist werden (z.B. zum Abendessen, am nächsten Tag mittags und abends). Aufgrund der kurzen Zeitabstände zwischen den einzelnen Pilzmahlzeiten hat der Körper nicht genug Zeit, um die Giftstoffe abzubauen, sodass sich diese im Organismus ansammeln; auf diese Weise treten erst bei der zweiten oder dritten Pilzmahlzeit Vergiftungserscheinungen auf, obwohl die Pilzart immer dieselbe ist (Vergiftung durch Ansammlung von Giftstoffen).“1
In diesem ersten Teil möchte ich einen bekannten Speisepilz und seine giftigen Doppelgänger vorstellen. Es handelt sich um den Großsporigen Anis-Egerling (Agaricus urinascens), der einer Gruppe angehört, welche im Volksmund als „Champignon“ bekannt ist. Diese wachsen vom Sommer bis zum Herbst gesellig auf Wiesen und Waldlichtungen, Parkanlagen, auf der Erde zwischen Gräsern und Kräutern auf frischen und nährstoffreichen Böden. Der Hut des Großsporigen Anis-Egerlings weist einen Durchmesser von 10-25 cm auf, die Lamellen sind jung blassrosa, dann purpurfarben bis dunkelbraun. Das Fleisch ist weiß und riecht nach Anis oder Mandeln.
Sein giftiger Doppelgänger ist der Karbol-Egerling (Agaricus xanthoderma) aus derselben Familie. Er gleicht im Aussehen dem „Champignon“ und so besteht eine Verwechslungsgefahr. Zwei Eigenschaften jedoch lassen ihn leicht und sicher von diesem unterscheiden: Er verströmt einen unangenehmen Phenol- oder Tintengeruch, während die essbaren Egerlinge nach Anis bzw. Mandeln riechen. Kratzt man zudem am Fuß des Stiels, verfärbt sich diese Stelle sofort in ein intensives Gelb.