Eher beiß ich mir die Zunge ab
Im Frühling 2014 von Verena Maria Hesse
Nachdem ich über den Vatertag all mein Pulver verschossen habe, habe ich mich dazu entschlossen, nicht über den Muttertag zu schreiben.
Ich werde mich hüten, hier eine Predigt zu halten darüber, was Mütter alles so leisten, ich werde Sie alle da draußen nicht fragen, ob Sie am Muttertag hoffentlich alles gemacht haben, was Ihr Repertoire hergegeben hat, um Ihre Mutter hochleben zu lassen – und ich rede da nicht von der Bezahlung eines Mittagessens im Landgasthof mit einem Stück Käsesahne vom Konditor anschließend bei Mama daheim – oder nein: Die Mama hat den Kuchen wahrscheinlich eh selbst gebacken in der Hoffnung, dass ihre Töchter und Söhne den Weg zu ihr finden werden an diesem ihrem Ehrentag – und Sie wird nicht enttäuscht geworden sein.
Sie wird zwar die Arbeit mit dem Auftischen und dem Wegräumen sämtlicher Spielsachen hinterher auf sich genommen haben und sie wird auf den Sonntag als Tag der Erholung verzichtet haben, dem Muttertag zuliebe, aber das ist ja auch ihre Aufgabe, nicht wahr?
Vielleicht hat sie am Abend noch den Holundersaft abgefüllt vorm Tatort und die Wohnung rausgewischt, weil die Enkelchen unbedingt Seifenblasen machen wollten in der Wohnung – das Wetter war ja auch wirklich nicht besonders, schade irgendwie.
Haben die Kinder ein Gedicht aufgesagt und sich gestern mal nicht tobend auf den Boden geworfen, weil sie um halb neun Uhr morgens noch nicht KIKA schauen durften?
Haben Sie etwas geschenkt zum Muttertag? Etwas, das sich die Betreffende selbst nicht kauft, das sie aber freut? Haben Sie ihr eine Anerkennung zuteilwerden lassen für das, was sie das ganze Jahr über so leistet?
Ich werde mich auch hüten, Sie zu fragen, ob Sie es geschafft haben, allen Müttern (in der Regel sind es zwei) in ihrem Leben gerecht zu werden? Ihrer eigenen und der Ihrer Kinder? Haben die beiden etwa den gleichen Blumenstock bekommen?