Die Stadtgärtnerei verschönt das Stadtbild
Die Gartenstadt
Im Frühling 2016 von Dr. Wilhelm Mair
Im 19. und 20. Jahrhundert, als sich Meran immer mehr zu einer internationalen Kurstadt entwickelte und die Gelegenheit nutzte, Kuren in Zusammenhang mit viel guter Luft und gesundheitsfördernder Bewegung anzubieten, wurden schon bestehende Parkanlagen erweitert: Ab 1871 wurde die seit 1817 als „Wassermauer“ bekannte Kurpromenade in mehreren Etappen neu gestaltet, ab 1886 die seit 1817 bestehende Passerpromenade erweitert.
Ausgedehnte Gartenanlagen und Spazierwege wurden neu geschaffen und die Stadt entwickelte sich zu einer Gartenstadt:
1854-1890 | die Winterpromenade mit der Wandelhalle |
1860-1866 | die Sommerpromenade und der Elisabethpark |
1869 | der Roseggerpark |
1871-1887 | die Gilfpromenade |
1874 | die Moser-Anlage |
1895 | der Maiser Park |
1908-1924 | der Bahnhofspark |
1911 | der Schillerpark |
1934 | der Pferderennplatz |
1938 | der Marconipark |
1976 | der Texelpark |
1995 | der Zueggpark und Spielplatz |
1994 - 2011 | die Gärten von Schloss Trauttmansdorff |
2002 | der Kräutergarten am Tappeinerweg |
2003 | die Naherholungszone Lazag |
2006 | der Park der Neuen Therme an der Stelle des 1972 errichteten Salvar-Parks |
2012 | die Passerterrassen |
Da zur Errichtung von Parkanlagen und Promenaden auch fachliches Können gefragt war, wurden bekannte Gartenarchitekten beauftragt, die Gestaltung durchzuführen und durch sorgfältige Pflege die einmalige Gartenlandschaft zu erhalten. Kapitalkräftige Bürger folgten dem Beispiel der Kurverwaltung und bereicherten mit besonderen Bäumen und Sträuchern die großzügigen Parkanlagen ihrer Villen, Hotels und Pensionen. Entlang der südwestlich exponierten Hänge entstand ab dem Jahr 1891 in mehreren Etappen der Tappeinerweg, benannt nach dem Arzt und leidenschaftlichen Botaniker Dr. Franz Tappeiner, einem großzügigen Förderer der Gartenstadt Meran. Der Weg führt 60 m oberhalb der Stadt als Spazierweg durch Weinhänge, Flaumeichen-Buschwald und eine Mischung aus alpiner und mediterraner Vegetation.
Der Tappeinerweg ist eine der schönsten Höhenpromenaden Europas.
Dabei kam den Initiatoren der Umstand zu Hilfe, dass die Stadt die klimatischen Vorzüge des Meraner Beckens ausnützen konnte, das durch die bis 3.000 m hohe Gebirgskette der Texelgruppe von kalten Winden aus dem Norden geschützt ist, jedoch nach Süden durch das Etschtal weit offen liegt und das Einströmen von milder Luft ermöglicht. Das erlaubte das Gedeihen von vielen exotischen Pflanzen aus dem Mittelmeerraum, aus Süd-Ostasien, Nord- und Südamerika und sogar Australien. Dem Auge des Meraners und des Besuchers bietet sich somit eine Fülle von fremdländischer, vorwiegend immergrüner Vegetation und wärmeliebender sowie schattenspendender, einheimischer Flora vor dem Hintergrund der beeindruckenden, schneebedeckten Berggipfel. Dabei waren die damaligen Planer der historischen öffentlichen Parkanlagen und Promenaden weitsichtig, denn das Netz von über 10 km Promenaden – übrigens barrierefrei – vernetzt das Zentrum der Stadt mit den wichtigsten Parkanlagen und verleiht überdies viele Einblicke in die Kultur- und Naturlandschaft sowie architektonischen Besonderheiten.
Aufgaben der Stadtgärtnerei
Pflege: Die großartig angelegten Parkanlagen und Promenaden erforderten großen Einsatz für den Erhalt und die sorgfältige Pflege, den die damalige Kurvorstehung der Kurgärtnerei übertrug, die von einem Gartenbaudirektor geführt wurde. Seit 1930 ist die Stadtgärtnerei eine Einrichtung der Gemeinde. Dem Amt für Grünflächen und Umwelt in der Abt. 3 für Bauwesen und technische Dienste steht seit 2002 die Forstwirtin Anni Schwarz vor, die mit zwei Verwaltungskräften und drei Vorarbeitern den im Laufe der Zeit stark erweiterten Aufgabenbereich organisatorisch bewältigt. Ihr erklärtes Ziel ist, mit Fachkenntnis, Leidenschaft und guten Ideen das Stadtbild zu verschönen und entscheidend mitzuprägen. Sie kümmert sich mit 26 Gärtnern mit verschiedener Ausbildung und Spezialisierung sowie gelegentlich mit 9 Personen aus verschiedenen Sozialprojekten darum, dass im öffentlichen Grünraum immer etwas blüht und duftet sowie alles sauber und ordentlich aussieht. Die Gärtner pflegen den Baumbestand durch regelmäßige Sichtkontrollen und Eingriffe und ersetzen Bäume und Sträucher, die wegen Überalterung, Umwelteinflüssen wie Trockenheit, Schneedruck, Wind und Blitzschlag, auch wegen Schädigung von Wurzeln oder Baumkrone durch nahe Baumaßnahmen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen. In neu errichteten Anlagen und Spielplätzen führen sie die Neupflanzungen durch.
Dafür, dass besonders der Marconi- und Elisabethpark und die Passerterrassen immer sauber sind, kümmert sich seit zehn Jahren gewissenhaft Hansjörg; diese Parkanlagen sind sein „liebster Arbeitsplatz“.
Gemeindeeigene Gärtnerei mit Kompostier- und Hackschnitzelanlage: In ganz Italien verfügen nur die Stadtgärtnereien von Meran und Turin über einen eigenen Produktionsbetrieb zur Pflanzenaufzucht. In den Gewächshäusern, die sich auf dem Geländes des Produktionsbetriebs in Gratsch befinden, werden jährlich über 250.000 Blumen gezüchtet für die Frühlings-, Sommer- und Herbstgestaltungen der öffentlichen Gärten, Parkanlagen und Promenaden in der ganzen Stadt sowie für Kindergärten, Schulen, Spielplätze, Altenheime, Pferderennplatz, Friedhof usw. Im Durchschnitt werden etwa 50 verschiedene Arten angepflanzt und es werden jedes Jahr zwei bis drei neue Arten ins Sortiment aufgenommen. Die Samen werden aus dem Ausland zugekauft. Sie werden schon 6 bis 8 Monate vor der Aussaat bestellt, gesät, als junge Pflänzchen pikiert, ein- und umgetopft und bis zum Beginn der Blüte aufgezogen. Die Planung muss also schon im Vorjahr gemacht werden.
Es wurden Gewächshäuser errichtet, in denen die Pflanzen wetterunabhängig vom Samen bis zur Blüte herangezogen und auch temperaturempfindliche Pflanzen überwintert werden.
Im Produktionsbetrieb befindet sich auch die Kompostieranlage, in der der Grasschnitt, die verblühten Pflanzen und der Kleinschnitt von Sträuchern und Bäumen zu Kompost verarbeitet werden, welcher teilweise als Substrat für die nächste Bepflanzung dient. Auf dem Betriebsgelände befindet sich ebenfalls eine Hackschnitzelanlage, die mit dem Holz, das beim Rückschnitt und beim Fällen der Stadtbäume anfällt, gespeist wird und die notwendige Wärme zum Beheizen der Glashäuser und zweier Wohnungen im Hauptgebäude liefert.
Das Beregnungssystem der Parkanlagen und Promenaden wurde in den letzten Jahren komplett erneuert. Die Grünzonen werden zu 90 % automatisch bewässert durch eine zentral gesteuerte Beregnungsanlage mit Integration von Wetterstation und Bodenfeuchte-Sensoren, die ein genaues Abstimmen auf die lokalen Bedürfnisse, auf den verschiedenen Pflanzenbewuchs und auf die Wetterverhältnisse ermöglichen. Die Wasserversorgung wurde, wo möglich, von Trink- auf Waalwasser umgestellt. Die wichtigste positive Auswirkung ist jedoch die Einsparung von Arbeitszeit.
Auf ein besonderes Erlebnis verweist der Vorarbeiter Luca: Im Frühjahr durften Grundschulkinder auch in seiner Gärtnerei die Vielfalt und Farbenpracht der Pflanzen bewundern und dann beim Pikieren und Umtopfen selbst Hand anlegen.
Der Kräutergarten: Wo sich früher oberhalb der Altstadt ein steiler, verwahrloster Hang mit Reben und Apfelbäumen befand, wurde von der Stadtgärtnerei in Zusammenarbeit mit dem Gemeindebauhof in mühevoller Kleinarbeit ein Kräutergarten mit 250 Beeten angelegt. Er wurde im Jahre 2002 fertiggestellt und ist vom Tappeinerweg aus bei bestimmten Öffnungszeiten frei zugänglich. Das ca. 5.000 m² große, nach Süden exponierte und sonnige Gelände bietet die besten Voraussetzungen für das Gedeihen von etwa 230 verschiedenen einheimischen und mediterranen Heilkräutern und aromatischen Pflanzen. Der Garten wird von Einheimischen und Gästen sowie Schulen gerne besucht, weil hier die Volksmedizin und Gewürzpflanzen vor der Haustür liegen. Der Zonengärtner Georg, der den Kräutergarten und den Tappeinerweg in diesem Abschnitt sehr umsichtig und mit Freude betreut, erlaubt gerne, die Spitzen der Kräuter und aromatischen Pflanzen sachte abzuzupfen, zu riechen, zu kosten und auch mit nach Hause zu nehmen.
Dekorierung: Die Stadtgärtnerei ist auch für den gestalterischen und pflanzlichen Schmuck des Weihnachtsmarktes, des Weinfestivals, des Traubenfestes und der anderen, von der Gemeinde geförderten Veranstaltungen zuständig. Dafür werden Blumenbeete mit Motiven gestaltet, welche die in den betroffenen Bereichen zuständigen Gärtner meist selber „erfinden“ und nach ihren Vorstellungen bepflanzen können. Dabei dürfen sie „sich austoben“. Die Pflanzen holen sie im Pflanzgarten. Auch die Topfpflanzen, die in der Fußgängerzone und in den Seitengassen aufgestellt sind, werden von der Stadtgärtnerei kostenlos zur Verfügung gestellt. Meran ist bekannt für die liebevollen Beetgestaltungen. Die Beete werden insbesondere auf den Promenaden der Innenstadt aufwendig realisiert und gepflegt, nicht nur für die Gäste, sondern auch für die Meraner, die über die Parkanlagen und Promenaden zur Arbeit gehen oder auch in der Freizeit einen Spaziergang machen.
Luca, ein Vorarbeiter der Stadtgärtnerei und Leiter des Pflanzgartens, freut sich, dass die floristische Gestaltung von den Meranern und Gästen gut angenommen wird, bedauert aber, „dass eingepflanzte Blumen besonders abends von Leuten mitgenommen werden und gerade in den Nächten am Wochenende und nach Stadtfesten Vandalenakte vorkommen, wie das Umwerfen von Blumentrögen, die Zerstörung von Beeten durch Motorfahrzeuge u.a.“ Deshalb bereitet er schon von vornherein 15 % mehr Pflanzmaterial vor.
Pflanzenskulpturen: Die Stadtgärtnerei bepflanzt charakteristische Skulpturen, die zu bestimmten Ereignissen aufgestellt werden: Kaktus, Specht, Schlange, Adler, Osterschmuck, Reiter, Traube, Klavierspieler, Festwagen u.a.
Anlässlich des nun jährlich stattfindenden Festivals „Meraner Frühling“ wurde in Zusammenarbeit mit der Stadt Meran und dem Kinderbucharchiv OPLA heuer das Kinderbuch „Luca im Museum“ vorgestellt. Das Buch, verfasst von Michael Heinze und lebhaft bebildert von Katrin Stangl, beschreibt die abenteuerliche Reise der Hauptfigur Luca durch Meran, von der Gilfpromenade mit ihrer üppigen Vegetation bis in die charakteristischen Gassen des Stadtzentrums.
Es diente auch als Grundlage für das großformatige Buch aus Pflanzenmaterial, das die Stadtgärtnerei Anfang Mai im großen Pflanzenbeet auf der Kurpromenade bei der Postbrücke gestaltete. Der 6 x 12 m großen Rahmen für die Pflanzenskulptur wurde von den Schmieden des Städtischen Bauhofes erstellt.