Die Rede vom Krieg
Im Frühling 2010 von Ulrich Ladurner
Innerhalb von zehn Tagen sind sieben deutsche Soldaten in Afghanistan gefallen. Der deutsche Verteidigungsminister spricht jetzt vom Krieg, den die Bundeswehr am Hindukusch führt. Das ist ein Tabubruch, denn Deutschland hat – wie man weiß – keine guten Erfahrungen mit Kriegen gemacht. Es hat vor sechzig Jahren ganz Europa damit überzogen und über sich selbst Tod und Vernichtung gebracht. Darum ist die deutsche Gesellschaft nach dem II. Weltkrieg in dem festen Glauben aufgewachsen:
„Nie wieder Krieg!“ Und jetzt gibt es doch einen, in Afghanistan.
Das jedenfalls sagt der Minister und es sagen viele Kommentatoren. Doch ist es falsch, die Ereignisse in Afghanistan als Krieg zu bezeichnen.
Allein die Zahlen machen es deutlich. In neun Jahren Einsatz sind insgesamt 43 deutsche Soldaten ums Leben gekommen. Davon 28 im Kampf, die anderen bei Unfällen. In Afghanistan herrscht ein Guerillakrieg. In Fachkreisen spricht man von einem „Konflikt niedriger Intensität“. Die Kennzeichen dafür sind: relativ geringe Opferzahl, die aber mit einem unendlich langen Kampf verbunden sind. Es ist leicht Kriege anzufangen, sie zu beenden ist schwer — noch schwerer allerdings ist es, Guerillakriege zu beenden.
Die Soldaten vor Ort sehen sich selbst in einen Krieg verwickelt. Das ist nicht verwunderlich, wenn man täglich beschossen wird. Doch das ändert nichts daran, dass der Einsatz Deutschlands und mithin der NATO ein Stabilisierungs- und Friedenseinsatz ist. Der Auftrag ist von der UNO erteilt. Demnach soll die NATO den afghanischen Staat in die Lage versetzen, dass er sich selbst gegen die Taliban und andere Extremisten wehren kann. Das ist der Auftrag. Das Problem dabei ist, dass die NATO im afghanischen Treibsand zu versinken droht. Tatsächlich nämlich möchten die einzelnen NATO-Staaten längst schon aus Afghanistan raus.