Ein großer Visionär ist tot.
Im Herbst 2010 von Gudrun Esser
Dienstag letzter Woche verstarb die Südtiroler Skilegende, der Unternehmer, Ehemann, Vater und Freund Erwin Stricker im Alter von 60 Jahren.
„Du, bist du daheim? Ich hab hier ein Interview, das ich selbst geschrieben habe, wenn du es brauchen kannst, komm schnell einen Sprung runter in die Bar, vielleicht kannst du´s brauchen, ich muss gleich weg.“
Wohin? Keine Ahnung, wahrscheinlich China oder Russland - beim Erwin ist schwer zu durchblicken, wo er gerade für wen unterwegs ist. So ist er eben, und wenn man diesen Mann beschreiben müsste, dann vermutlich am besten mit Comic-Sprache: „Crash boom bang!“
Wahrscheinlich hat´s schon immer gepoltert, wenn er irgendwo aufgetreten ist. Nicht nur auf der Piste, die spektakulären Stürze, die dem Weltcup-Skifahrer Erwin Stricker den Übernamen „Cavallo Pazzo“ eingebracht haben.
Letzten Dezember, Hotelrestaurant Therme: Im Saal eine hochkarätige Delegation aus Russland. Der Präsident der russischen Eisenbahn, Vladimir Jakunin höchstpersönlich, nebst Gattin, etlichen Diplomaten, Bodyguards und Landeshauptmann Luis Durnwalder. Mit einem Poltern geht die Tür auf, der Nikolaus, etwas mager, Engel, ein Riesenberg Nikolaussackelen für die Gäste und ein strahlender zweiter Bärtiger: Erwin Stricker. An die hundert Säcke mit Schokolade, Zelten, Pfeffernüssen - für jeden der russischen und Südtiroler Gäste mindesten einen, hatte Erwin die Nacht zuvor gerichtet, damit man den hohen Gästen nicht mit leeren Händen gegenübersteht.
Ein Missionar des Skisports sei er. Dieser Mission hat manch Wirtschaftstreibender des Landes auch das ein oder andere volle Sackele zu verdanken. An die Eigenen hat er dabei zunächst nicht gedacht.
Der Sport habe ihm sehr viel gegeben und er sei froh, dass er das jetzt anderen Sportlern und vor allem seinem Land zurückgeben könne!
Mir hat dieser merkwürdig, griesgrämig dreinschauende Typ, der seine Zeitung immer mit zwei Brillen - übereinander versteht sich - gelesen hat, viel gegeben. Dafür bin ich dankbar.
Unsere Freundschaft, wie unsere Nachbarschaft im Steinachviertel:
„Crash boom bang!“