Die Kunst, sich über Wasser zu halten: ein Sparpaket „all’italiana“
Im Herbst 2011 von Dr. Egon Gerhard Schenk
Auf Druck der Europäischen Zentralbank hat die italienische Regierung am 13. August 2011 eine umfangreiche Notverordnung erlassen. Alle Politiker sprachen von einer Wende in der italienischen Wirtschaftspolitik, von der Notwendigkeit zu sparen und den Staat zu reformieren. Das Problem ist aber, dass immer nur die anderen sparen sollen. Die Politik will keinen Schritt von ihren Privilegien abrücken und auch alle übrigen Interessierten wollen den schwarzen Peter immer nur den anderen zuschieben.
Am letzten Samstag ist nun die Notverordnung (Nr. 138 vom 13.08.2011) in ihrer vom Parlament überarbeiteten Version in Kraft getreten und siehe da, ein Großteil der geplanten Sparmaßnahmen ist verschwunden oder auf die lange Bank geschoben worden. Kommt Zeit, kommt Rat. Bis zur völligen Umsetzung des Sparpakets braucht es noch 171 (!) Ministerialverordnungen.
Folgende Maßnahmen wurden letztendlich umgesetzt:
Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes von 20 auf 21 %.
Dies ist eine der wenigen Maßnahmen, die sofort (ab 17.09.2011) in Kraft getreten ist. Nachdem die Erhöhung nicht Güter des ersten Bedarfs trifft, werden die privaten Haushalte nur gering belastet.
Reichensteuer
Die sogenannte Reichensteuer trifft nur mehr Personen mit einem jährlichen besteuerbaren Einkommen von über € 300.000,00. In Südtirol trifft dies ca. 400 Personen, welche durchschnittlich pro Jahr ca. € 3.060,00 an Solidaritätssteuer entrichten müssen. Nachdem diese Zusatzsteuer vom besteuerbaren Einkommen des Folgejahres abschreibbar ist, reduziert sich die effektive Belastung auf ca. die Hälfte.
Verbot des Bargeldverkehrs für Beträge über € 2.499,99
Bereits mit Wirkung vom 13.08.2011 wurde die Grenze für Bargeldzahlungen von € 5.000,00 auf € 2.500,00 herabgesetzt. Auf den Überbringer lautende Sparbücher mit Beträgen ab 2.500,00 müssen innerhalb 30.09.2011 aufgelöst werden. Die Strafen bei Übertretung dieser Bestimmungen betragen zwischen 1 % und 40 % des Betrages, mit einem Minimum von € 3.000,00.
Besteuerung der Finanzerträge
Die Finanzerträge wurden bisher mit 12,5 % (Schatzscheine, Obligationen, Dividenden aus nicht qualifizierten Beteiligungen, usw.) bzw. 27 % (Kontokorrentzinsen, Zinsen auf Sparbücher, usw.) besteuert. Die Besteuerung wird nun ab 01.01.2012 auf 20 % vereinheitlicht. Lediglich bei Staatspapieren bleibt der Hebesatz 12,5 %.
Neuheiten für Unternehmen
- Das Abfallbewirtschaftungssystem SISTRI wird nun doch nicht abgeschafft. Die Einführung ist für den 09.02.2012 geplant.
- Bei Genossenschaften sinkt der steuerfreie Gewinnanteil um 10 %.
- Die private Nutzung von Unternehmensgegenständen soll in Zukunft stärker besteuert werden.
- Der Steuersatz für sogenannte „nicht operative Gesellschaften“ steigt von 27,5 auf 38 %.
- Gesellschaften, welche in drei aufeinanderfolgenden Jahren einen Steuerverlust aufweisen, werden ab dem 4. Jahr automatisch als nicht operativ eingestuft.