Anfangs Krämerladen - heute Goldschmiede
Zur Geschichte eines alten Kaufladens in Obermais
Im Sommer 2012 von Dr. Walter Egger
Im März hat Goldschmied Erich Gufler sein Geschäft, das er seit 40 Jahren in der Dantestraße, Villa Himmel, geführt hatte, zum Brunnenplatz verlegt. In den Wintermonaten war das kleine Gebäude am Kirchsteig gegenüber dem Café Prantl zu diesem Zweck mustergültig renoviert worden. Zusammen mit seinen Töchtern Sabine und Karin, die ihrem Vater in das traditionsreiche Kunsthandwerk gefolgt sind, führt er nun im Zentrum von Obermais die Goldschmiede und das Uhrengeschäft als Familienbetrieb weiter.
Das einstöckige Bauwerk kann auf eine mehr als 130-jährige Geschichte zurückblicken. Bauherr war Josef Prantl, der 1874 den damals neuerbauten Gasthof des früheren Gartner- oder Mazzagutes in seinen Besitz gebracht hatte. Der Kirchsteig führte mitten durch den weitläufigen Schankgarten des Gastbetriebes, der nun nach dem neuen Besitzer „Gasthof Prantl“ genannt wurde. An der Grenze zum benachbarten Gasthof zur Post, dem heutigen Raiffeisengebäude, ließ Prantl um 1875 oder kurz nachher einen „Kaufladen“ und ein „Gartenhaus“ mit Wohnung errichten. Weitblickend hatte er erkannt, dass das Aufblühen des Fremdenverkehrs neben dem Gastgewerbe auch dem Handel neue Wege zu wirtschaftlichem Erfolg erschließen würde. Im Neubau führte zunächst Anna Prantl eine Tabaktrafik und Krämerei, später eine Spezereihandlung.
Im Jänner 1904 zogen die Geschwister Gilmozzi mit ihrer Kurz-, Schnitt- und Modewarenhandlung in den günstig am „Karl-Ludwig-Platz“ gelegenen Kaufladen, der mittlerweile [1901] samt Gasthof und Gartenhaus in den Besitz der Heisrainersöhne Josef und Alois Torggler übergegangen war. Einige Jahre wohnten Oliva und Justina Gilmozzi, die von Ziano bei Cavalese in Alt-Tirol stammten, im angrenzenden „Gartenhaus“, heute Besitz von Josef Bartolini. Sie hatten 1895 den Gewerbeschein erhalten und ihr erstes Geschäft im Rohreggerhaus in der Langen Gasse, jetzt Metzgerei Walzl, Dantestraße, eröffnet. Ganze 31 Jahre lang führten die beiden Schwestern ihr renommiertes Geschäft an der Ecke Kirchsteig/Brunnenplatz, bis sie es im August 1935 ins Obermaiser Rathaus verlegten, wo es heute noch, auch nach Besitzerwechsel, unter dem Namen „Gilmozzi“ weiter besteht.
Länger noch als die Geschwister Gilmozzi übte in dem Ladenhäuschen der Uhrmacher Josef Kienzl seinen Beruf aus. Im August 1968 bezog er die zum Brunnenplatz gerichtete, obere Gebäudehälfte und die darin eingerichtete Werkstatt sowie das Uhren- und Juweliergeschäft sollten für 41 Jahre sein Arbeitsplatz sein. Das Kaufangebot erhielt eine besondere Note, seitdem in den letzten zehn Jahren die Tochter Monika als gelernte Goldschmiedin hier ihre Arbeiten und Kreationen präsentierte. Die untere Hälfte des Hauses mietete um 1972 der Kaufmann Gancarlo Susto, um dort eine Lebensmittelhandlung zu eröffnen.
Nach vier Jahrzehnten schloss Josef Kienzl Ende Dezember 2009 seine Ladentür endgültig ab, ein Jahr später folgte auch Giancarlo Susto seinem Beispiel, womit zwei Personen aus dem öffentlichen Blickfeld verschwanden, die bis dahin das vertraute Erscheinungsbild an dieser Ecke des Brunnenplatzes geprägt hatten.