Lässt unsere Stadt sich gehen?
Im Herbst 2012 von Verena Maria Hesse
Ich saß neulich auf der Promenade, da vor dem Kurhaus, nicht auf der Seite vom Kinderspielplatz, sondern auf der anderen.
Ich sitze da und wundere mich darüber, dass kaum ein Paar Füße bei mir vorbeispaziert, das nicht in Wanderschuhen, Trekkingschuhen oder zumindest Sportsandalen steckt. Damit impliziere ich, – und das ist nicht minder erschreckend – dass fast alle dazu passenden Beine käsig weiß, behaart (und ich meine nicht die männlichen Beine) und oder bis zum oberen Schienbeinrand weiß besockt sind.
Ich meine – und lassen Sie es sich bitte auf der Zunge zergehen – ich sehe nur Wanderer, spazieren gehende Menschen, Nordic Walker und Touristen oder zumindest Menschen, deren Beinkleidung Schlüsse auf eben Genanntes zulässt. Was Sie sich auf der Zunge zergehen lassen sollen? Ja verdammt noch mal: „Zweckschuhe“ beherrschen unsere Promenade! Das ist doch furchtbar. Die Mehrheit der Menschheit trägt bei der Menge an gut aussehenden Schuhen, die einem optional zur Verfügung stünden: Sportschuhe.
Es ist erschreckend. Es ist beängstigend und es macht mich traurig. Es macht mich traurig, dass der Schick und die Eleganz so weit hinten liegen auf der Prioritätenliste der Menschen dieser Stadt.
Es sind nicht nur die Deutschen, die gerade mit dem Sessellift von Dorf Tirol kommen oder die paar Einheimischen, die in der Therme beim Fitnesstraining waren, es ist die breite Masse, es sind 15 oder 16 von 20, es sind Frauen und Männer, es sind Alte und Junge.
Wo sind denn die Zeiten, in denen man Blasen in Kauf genommen hat, um gut auszusehen, in denen man etwas darstellen wollte?
Es waren ja auch nicht die Sportsandalen (im schlimmsten Fall mit Socken, damit man nicht „wundgescheuert wird“) oder die abgetragenen und nach Fäulnis riechenden Turnpatschen, es war der Niedergang jeglichen Modebewusstseins, der mich nachdenklich gestimmt hat, neulich, dort auf der Promenade.