Laufend und stehend
Im Winter 2012 von Dr. Luis Fuchs
Dass die Jahre laufen, ist uns wieder zu Silvester deutlich bewusst geworden. Was sonst noch alles im Laufschritt eilt, darüber kann man nur staunen. „Wir verkaufen laufend frische Brötchen!“ Mit diesem Werbespruch lockt eine Bäckerei die Kunden an. Anscheinend bemüht sich der Bäcker dermaßen um seine Kunden, dass er sie flitzend zu erreichen versucht. „Wir halten laufend geöffnet“, stand letzthin am Eingang eines Betriebes. Wäre dieser ständig geöffnet, bräuchte gar niemand sich laufend abzuhetzen.
Beim Gebrauch des Mittelwortes der Gegenwart müssen wir darauf achten, auf welches Wort es sich jeweils bezieht. „Wir haben nur freilaufende Eier“, beteuert die Bäuerin auf dem Bauernmarkt; rollen können diese Eier sicherlich, aber frei laufen wohl nur ihre Hühner.
Sollte jemand behaupten, er lese laufend den Meraner Stadtanzeiger, so tut er uns irgendwie leid, denn ihm wird bald die Puste ausgehen, da er ja genau genommen ein laufender Leser ist.
Da sie laufend die Steuern erhöhen, sind auch die Regierenden nicht gerade untätig.
Wenn jedoch der Textil-Kaufmann uns den Preis vom laufenden Meter angibt, so ist diese Auskunft richtig formuliert, denn er meint damit einen Meter vom großen Stück. Eine laufende Nase kann zwar lästig sein, der Ausdruck ist aber korrekt.