Von dem, der uns das Fürchten lehrte
Im Herbst 2013 von Verena Maria Hesse
Im Jahr 1990 hieß es bei uns Meraner Schwimmern plötzlich, wir bekämen einen Trainer aus der ehemaligen DDR. Einen, der aus einem System kam, das so ganz anders war als das unsere. In der DDR wurden Kinder extrem gefördert und unterstützt - der Sport war nun mal eine der sehr wenigen Möglichkeiten, die damaligen Grenzen verlassen zu können, die Trainer waren alle hauptamtlich, der finanzielle Aufwand der Eltern für die sportliche Ausbildung der Kinder minimal.
Volker war ein richtiger Deutscher: ordnungsbewusst, überpünktlich, überkorrekt, streng. Disziplin war praktisch sein zweiter Vorname. Er kam und nahm uns mittelmäßig Motivierten (es gab auch die sehr Motivierten, aber zu denen zählte ich mich sportlich gesehen noch nie) jegliche Illusion darauf, eine „ruhige Kugel zu schieben“.
Es wurde uns Kindern und Halbwüchsigen alles abverlangt – physisch, aber zum Teil auch psychisch. Wir trainierten fortan nicht nur das Schwimmen, also unseren Sport, sondern übten uns auch im Fußballspielen, im Medizinballwerfen, im Laufen, im Krafttraining, in der Gymnastik, im Konditionstraining und in vielem anderen, für uns alle bis dato Unbekanntem.
Wir bekamen „Bremshosen“ zum Schwimmen verabreicht – eine echte Foltermethode, könnte man fast sagen – Schwimmhosen mit riesigen, aufgenähten Taschen, die sich bei der Fortbewegung im Wasser mit dem selbigen füllten und das Vorankommen extrem erschwerten.
Wir wurden mit Gummibändern am Startblock angebunden und schwammen, bis sich das Band praktisch nicht weiter dehnen konnte und uns immer mehr zurückhielt.
An unsere Hände kamen „paddles“, eine weitere Methode, um den Widerstand und das Training für die Arme zu erhöhen, das Schwimmen aber auch extrem zu erschweren, von Flossen reden wir erst gar nicht.