Die Kunsthandwerker Gold- und Seidensticker
Berufe vergangener Zeiten
Im Herbst 2015 von Dr. Elfriede Zöggeler-Gabrieli
Die Gold-, Silber- und Seidensticker bzw. Näher galten als ausgesprochene Kunsthandwerker, die verschiedene Grundstoffe wie Seide, Samt und Brokat, aber auch Baumwolle, Leinen oder Wolle genauso wie Tuch und Leder mit drellierten Gold- und Silbergespinsten sowie farbigen Seidengarnen und Perlen bestickten. Allen gemeinsam ist, dass sie künstliche Figuren mit dem entsprechenden Material stickten, wobei Geschicklichkeit gefordert war. Es handelt sich um eine sehr alte Kunst, die zunächst insbesondere in China und Japan beheimatet war und später durch die Byzantiner in der abendländischen Kultur Aufnahme fand. In den europäischen Städten begegnet uns diese Prunkstickerei seit dem Hohen Mittelalter, wo sie im Auftrag des Adels und des reichen Bürgertums ausgeführt wurde. Im 17. und 18. Jahrhundert blühte diese Technik wieder auf und zwar besonders in Spanien, Italien, Frankreich und Deutschland.
Die Stickerei
Die Hauptwirkung der Stickerei beruhte auf der wechselnden Anordnung der verschiedenen Sticharten bei den mehr oder minder erhaben gehaltenen Formen. Glänzende und matte Gold- und Silberkantillen, Flitter, Folien, Perlen und bunte Steine erhöhten noch die Wirkung. Der Stickgrund wurde auf einem kräftigen Stickrahmen aufgespannt und das entsprechende Muster oder Motiv auf den Stoff übertragen. Gestickt wurde in verschiedenen Techniken mit einer Goldspindel und bei stärkerem Unterstoff mit einer Ahle zum Vorstechen. Man unterschied zwischen der Anlegetechnik, bei der entweder das einfache Aufnähen der Goldfäden oder Schnüre erfolgte, die entweder sichtbar oder unsichtbar mit Überfangstichen festgehalten wurden, die Kordeltechnik, die ähnlich der Anlegetechnik ausgeführt wurde, nur dass sämtliche Formen über gespannte Schnureinlagen, den sogenannten Kordeln, angelegt wurden, das Stechen, wobei die Musterfiguren mit geraden oder schrägen Plattstichen bedeckt wurden, das Sprengen, wo der Faden über die Formen hin- und zurückgeführt und nach jedem Legen mit ein oder zwei Stichen festgehalten wurde und letztendlich die Fantasiestickerei mit Kantille und Flitter.
Bei erhaben zu stickenden Figuren wurden die Formen mit Baumwolle unterstickt oder erhielten eine Karton- bzw. Lederunterlage.
Historische Belege
Dieses Kunsthandwerk wurde nicht nur von weltlichen Meistern ihrer Zunft, sondern zudem in verschiedenen Klöstern gepflegt; wertvoll bestickte Kirchenparamente, Messgewänder, allgemeine Klosterarbeiten usw. zeugen davon. Kirchliche Würdenträger und der Adel schätzten derartige Stickereien. Belegt wird dies durch kirchliche Verzeichnisse oder profane Kostenaufstellungen, wie eine Innsbrucker Abrechnung des Herzogs Sigmund des Münzreichen von 1475, in der sich die Summe für die Ausgaben des Seidennähers mit 14 Mark zu Buche schlägt.
Merans Gold- und Seidensticker/ näher, mussten – wie alle städtischen Gewerbetreibenden – ihren Tribut an die örtliche Stadtverwaltung entrichten. So sind dem Meraner Stadtsteuerregister von 1492 gleich zwei Handwerker dieses Berufszweiges samt ihrer Steuerschuld zu entnehmen und zwar: Marx Seydenater, der 3 lb perner und maister Kuenrat Seidnnater, welcher 1 lb zu leisten hatte.
Aufschluss über die Themenwahl einer Stickarbeit gibt die Beschreibung von drei größeren und drei etwas kleineren Stickwaren, welche im Inventar von 1727 des Obermaiser Gold- und