Erfolgreiche Bemühungen, die Sonderautonomie zu sichern
Eine Schutzklausel im Verfassungsgesetz sichert die Südtiroler Autonomie. „Eine zentralistische Verfassung Italiens konnten wir nicht verhindern“, erklärt der Meraner SVP-Politiker Karl Zeller, Fraktionssprecher der Autonomiegruppe im ‚Palazzo Madama’ in Rom. „Unser Ziel war somit der Schutz unserer Sonderautonomie.“ Dies ist gelungen: Erstmals wird in einem Verfassungsgesetz ausdrücklich verankert, dass das Autonomiestatut nur „im Einvernehmen" abgeändert werden kann; sollten Paket-Bestimmungen betroffen sein, dann muss auch Österreich zustimmen.
Vor kurzem gelang Ministerpräsident Matteo Renzi sein bisheriges Meisterstück: Nach der Arbeitsmarktreform und der Wahlrechtsreform setzte er durch, dass der italienische Senat selbst seine eigene Entmachtung beschlossen hat. Die Verfassungsreform, die im nächsten Jahr noch durch ein Referendum bestätigt werden muss, soll zu einem schlanken Politikbetrieb und einer schnelleren Gesetzgebung führen. „Bislang waren Senat und Abgeordnetenkammer gleichberechtigt“, erklärt Karl Zeller, „und alles musste doppelt beschlossen werden, was oft zu Verzögerungen und Blockaden führte.“ Nun werde die Zahl der Senatoren von 315 auf 100 verringert – zwei werden auf jeden Fall aus Südtirol stammen.
Der italienische Ministerpräsident wird künftig von der Abgeordnetenkammer gewählt. Der Senat verliert nicht nur an numerischer Größe, sondern auch deutlich an politischem Gewicht: „Er wird sich etwa nur noch bei Verfassungsänderungen einschalten – oder bei Zuständigkeiten, welche die Regionen betreffen“, fasst SVP-Politiker Karl Zeller zusammen. Also werde der Senat nicht mehr gleichberechtigt mit der Abgeordnetenkammer sein. Der „neue Senat“ orientiert sich als Regionenkammer teilweise am Modell des Deutschen Bundesrates, hat aber deutlich weniger Kompetenzen als dieser.
„Zentralistische Verfassungsreform war nicht aufzuhalten“
Schon die Verfassung von 1948 sah einen italienischen Einheitsstaat mit regionaler Prägung vor. Die so genannte Föderalismus-Reform 2001 führte zu einer weiteren Dezentralisierung – jene von 2005 der Regierung Silvio Berlusconi, die ebenfalls auf Föderalisierung setzte, scheiterte jedoch. Seither wird wieder zunehmend auf eine zentrale Staatsverwaltung gesetzt. Auch mit der jüngsten Verfassungsreform. „Selbstverständlich gefiel uns die zentralistische Grundausrichtung nicht – es war aber von Anfang an klar, dass wir als Autonomiegruppe diese Entwicklung nicht verhindern können“, sagt Senator Karl Zeller, der gemeinsam mit Hans Berger und Francesco Palermo in dieser die Südtiroler Interessen vertritt.
Als Teil des „Gruppo per le autonomie“, in welchem neben dem Physik-Nobelpreisträger Carlo Rubbia und dem Stararchitekten Renzo Piano mit Carlo Azeglio Ciampi und Giorgio Napolitano auch zwei ehemalige Staatspräsidenten sitzen, spielen die drei Südtiroler eine noch nie dagewesene Rolle in Rom. Immerhin zählt die Senatsgruppe derzeit 20 Mitglieder. „Matteo Renzi war aber letztlich bei keiner der Abstimmungen im Senat über die Verfassungsreform auf unsere Stimmen angewiesen, auch ohne unsere Stimmen hatten die Befürworter eine satte Mehrheit“, erzählt Karl Zeller. „Und auch die direkt betroffenen Regionen mit Normalstatut haben keine wirkliche Gegenwehr geleistet.“ So habe man entschieden, sich auf den Schutz der Sonderautonomien zu konzentrieren.
„Südtirol muss der Überarbeitung des Autonomiestatutes zustimmen“
Dies ist in zähen Verhandlungen mit dem Ministerpräsident Matteo Renzi, Reformenministerin Maria Elena Boschi und Regionen-Staatssekretär Gianclaudio Bressa gelungen: Die Reform, die ja auch den fünften Titel der Verfassung (also die Beziehungen zwischen Staat und Regionen bzw. Provinzen) zum Inhalt hat, wird auf die Sonderautonomien nicht angewendet. Eine Überarbeitung bzw. Abänderung des Autonomiestatutes, um der Reform Rechnung zu tragen, kann nur im Einvernehmen mit Südtirol erfolgen. „Bis dahin wird es also parallel zwei Verfassungen geben“, erläutert Karl Zeller. „Für Südtirol bleiben also die heute geltenden Regelungen der regionenfreundlichen Verfassungsänderung von 2001 und jene des Autonomiestatutes aufrecht.“