Interview mit Landesrat Richard Theiner
700 Jahre Stadt Meran
Im Frühling 2017 von Eva Pföstl
Meraner Stadtanzeiger (MS): Wie sehen Sie als Vinschger die Entwicklung der Stadt Meran?
Richard Theiner: Ich sehe die Entwicklung ausgesprochen positiv, da ist sehr viel passiert, das sowohl von den Einheimischen als auch von den Gästen positiv wahrgenommen wird. An dieser Stelle erlaube ich mir auch den Hinweis, dass nicht wenige Vinschger für die politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung von Meran einen wichtigen Beitrag geleistet haben, und umgekehrt hat auch die Stadt vielen Vinschgern die Möglichkeit zur Verwirklichung ihrer beruflichen und familiären Ziele geboten.
MS: Die Stadt Meran feiert heuer ihr 700-jähriges Bestehen. Dabei geht es nicht nur um „Vergangenheitsbewältigung”, sondern auch um die Frage einer nachhaltigen Stadtentwicklung, besonders auch im Bereich Raumordnungs- und Landschaftspolitik. Welche Rahmenbedingungen bietet diesbezüglich Ihre politische Agenda?
R. Theiner: Ganz oben steht für mich das neue Gesetz für Raum und Landschaft, da dieses ja den Gemeinden neue Gestaltungsspielräume und natürlich auch die Verantwortung dafür übertragen soll. Meran steht auch in dieser Beziehung gut da, weil der Entwurf des Masterplanes viel von dem vorwegnimmt, was wir bei vielen anderen Gemeinden erst noch mit einem Gemeindeentwicklungskonzept einfordern müssen. Das betrifft sowohl die Umstrukturierung des Kasernenareals in Untermais als auch die landschaftliche Einbettung des Siedlungsgebietes und dessen Abgrenzung.
MS: Der technologische und ökonomische Strukturwandel, Nachhaltigkeitserfordernisse und demographische Veränderungen gehören zu den Einflussfaktoren, die veränderte und neue Standortanforderungen von Unternehmen mit sich bringen. Diese sind bei der Planung und Entwicklung von Gewerbegebieten jedoch nicht immer vorhersehbar, was eine hinreichende Offenheit notwendig macht. Wodurch zeichnen sich für Sie „Gewerbeflächen der Zukunft“ aus, besonders auch in der Meraner Gegend, die ja hauptsächlich vom Tourismus geprägt ist?
R. Theiner: Die Landesregierung hat sich in den Leitlinien zum neuen Gesetz für eine gemischte Nutzung von Arbeiten und Wohnen ausgesprochen, natürlich nur dort, wo dies nicht zwangsläufig zu Konflikten führt. Ziel ist dabei, besonders Tätigkeiten, die mit dem Wohnen vereinbar sind, in unsere Dörfer und Städte zu integrieren, um diese lebendiger zu machen und den Mobilitätsbedarf zu reduzieren bzw. die rad- und fußläufige Erreichbarkeit zu erhöhen. Für Meran ist dieser Ansatz sicher interessant. Was Gewerbegebiete betrifft, werden wir nach wie vor Flächen für Tätigkeiten benötigen, die nicht gut mit dem Wohnen vereinbar sind. Die Gemeinde muss diese Planungsentscheidungen selbst treffen und dabei schauen, wie diese Flächen im Stadtgefüge sinnvoll eingefügt werden können. Auch dafür hat der Masterplan schon Vorarbeit geleistet.
MS: Wie können in die Jahre gekommene Gewerbeflächen, wie z. B. das ex-Cafa-Gebäude in Untermais, wieder fit für die Zukunft gemacht werden?
R. Theiner: Im Prinzip so, wie es die Stadt angegangen ist, indem das gemeinsame Interesse an der Stadt und den Entwicklungsflächen öffentlich diskutiert wird und dann die Rahmenbedingungen für die urbanistische Entwicklung umgesetzt und gefördert werden.
MS: Das neue Landschaftsschutzgesetz konzentriert sich nicht nur auf besonders Schützenswertes, sondern ist auch als Instrument zur Aufwertung von Alltagslandschaften konzipiert. Wo kann dieses Gesetz in Meran Anwendung finden? Fällt das ehemalige Militärareal in Untermais in diese Kategorie und wenn ja, mit welchen Auflagen?
R. Theiner: Ob es sich beim Kasernenareal um eine gewöhnliche oder beeinträchtigte Landschaft handelt, die das Gesetz neben der Landschaft von außerordentlicher Bedeutung unterscheidet, überlasse ich den Experten, die die Landschaftsplanung ausführen. Wir haben die Landschaftsplanung seit vielen Jahren autonom im Land verwaltet und wollen diese gute Erfahrung auch im Gesetz festschreiben. Die Gemeinden sind hier nach wie vor eingebunden, insbesondere was die landschaftlichen Entwicklungsziele betrifft. Ich komme dabei noch mal auf den Masterplan der Stadt Meran zurück, der ja in der Landesverwaltung zur Genehmigung aufliegt und auch in dieser Frage die Entwicklungsabsicht der Gemeinde ausdrückt.
MS: Energie-Strategie Südtirol 2050? Können wir das Ziel erreichen und was kann eine Stadt wie Meran dafür tun?
R. Theiner: Ich bin überzeugt, der Hunger nach Energie wird zur zentralen Herausforderung dieses Jahrhunderts. Grundsätzlich stehen uns zwei strategische Ansätze offen, dies gilt nicht nur für die globale Ebene, sondern auch für jede Gemeinde und für den einzelnen Bürger: Jeder Mensch kann zum intelligenten und effizienten Einsatz von Energie beitragen, indem er auf einen unnötigen Verbrauch von Energie verzichtet.
Bereits im November 2016 wurden die ersten Zwischenergebnisse aus der Umsetzung des Klimaplanes vorgestellt. Daraus geht hervor, dass Südtirol sehr wohl auf Kurs ist und die selbst gesetzten, sehr anspruchsvollen Ziele erreichen kann. Es handelt sich dabei um einen ständigen Optimierungsprozess, insofern bleibt immer noch viel zu tun. Die Stadt Meran kann beispielsweise eine Zertifizierung zur Klimagemeinde anstreben, Maßnahmen zur Umsetzung des Lichtschutzplanes ausführen, die energieeffiziente Sanierung der eigenen Gebäude angehen und Verantwortung im Bereich der Minimierung des Individualverkehrs übernehmen und entsprechende Maßnahmen umsetzen.
MS: Was beinhaltet die Neuausrichtung des Energiesektors für Meran?
R. Theiner: Die größte und wahrscheinlich offensichtlichste Neuerung für Meran ist die Fusion der Etschwerke AG mit der ehemaligen SEL AG zu Alperia. Ich bin überzeugt, dass diese Fusion uns noch große Freude bereiten wird. Davon erwarte ich mir ein steigendes Innovationspotenzial im gesamten Südtiroler Energiesektor, das allen zugutekommt. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Auszahlung von Umweltgeldern aus dem Betrieb von mittleren und großen Kraftwerken. Mit diesen Geldern kann Meran Maßnahmen im Bereich der nachhaltigen und umweltverträglichen Entwicklung setzen, welche von der Flussraumgestaltung über die Gefahrenzonenplanung bis hin zu Maßnahmen im Bereiche der Energieeffizienz und des Klimaschutzes reichen.