Selbsthilfe bei traumatischen Ereignissen
Im Winter 2017 von Dr. Dagmar Pavan
- Schwerwiegende, kritische Ereignisse wie z.B. Unfälle, Verluste, Krankheiten, Naturkatastrophen können in unserem System besonders intensive emotive Reaktionen auslösen.
Nachstehend die aufeinanderfolgenden Reaktionsphasen:
- Schockphase: Verwirrung, Desorientierung in Zeit und Raum, Entfremdung, den eigenen Körper nicht spüren können, sich nicht sich selbst fühlen, das Geschehene oder was gerade geschieht als irreal wahrnehmen. Der Schockzustand ist eine physiologische Reaktion auf den erlebten akuten Stressor (das Ereignis). Durch die Schockreaktion wird unserem System ermöglicht, das Ereignis mit einem bestimmten Abstand zu betrachten. Dies ist notwendig, um die seelischen Auswirkungen, die das Ereignis auslöst, zu mildern.
- Emotionale Phase: Trauer, Schuld, Wut, Angst, Verwirrung, Ohnmacht. Es können sich auch psychosomatische Störungen, wie Kopfschmerzen und Magenschmerzen entwickeln.
- Bewältigungsphase: Wir stellen uns Fragen und suchen nach Antworten und Erklärungen. „Warum ist es passiert? Was kann ich machen? Warum ist es mir passiert?”
Die häufigsten Symptome, die wir für einen Zeitraum von mehreren Tagen und/oder Wochen empfinden können:
- Wiedererleben: Sich wiederholende Bilder des Ereignisses (das Haus, das zusammenbricht – bei einem Erdbeben, das Gesicht des Arztes, der die Diagnose überbringt), Geräusche (Schreie, eine Explosion), Gerüche (verbranntes Plastik bei einem Brand, Desinfektionsmittel im Krankenhaus), unerwartete Tagträume, Flashbacks (können kurze Episoden sein, aber auch so emotiv geladen sein, dass sie eine Ohnmacht auslösen können).
- Vermeidung: Emotionale Stumpfheit, Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit der Umgebung und anderen Menschen gegenüber, aktive Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten.
- Depressive Stimmungslage und/ oder sich wiederholende negative Gedankengänge: negative Erwartungen in Bezug auf sich selbst und die Welt.
- Irrationale Schuldgefühle: Wir oder andere hätten das unvermeidliche Ereignis oder dessen Folgen verhindern sollen oder können.
- Schuldgefühle, überlebt zu haben, oder keine schwerwiegenden Folgen davongetragen zu haben, während andere nicht mehr sind oder große Verluste hatten.
- Schlaf- und/oder Appetitstörungen: Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen, Alpträume, aber auch das Bedürfnis, dauernd oder länger schlafen zu müssen.
Was können wir in solchen Situationen machen?
- Unsere Reaktionen und Schwierigkeiten nach einem traumatischen Ereignis annehmen.
- Uns erinnern, dass diese Art von Gefühlen und Reaktionen in diesem Fall normal sind.
- Uns erinnern, dass wir nicht alleine sind. Es gibt Menschen (ausgebildete Therapeuten), die uns helfen können.
- Den Gefühlszustand einfach nur wahrnehmen, ohne zu bewerten.
- Über das Ereignis sprechen, um Spannung zu entladen.
- Die Reaktionen anderer, die das gleiche oder ähnliches erlebt haben, respektieren. Wir sind nicht gleich und deshalb empfinden und erleben wir auch nicht gleich.
- Wenn möglich, die übliche Routine wieder herstellen.
- Uns Zeit lassen, uns zu erholen (schlafen, entspannen, denken, weinen, Zeit mit wichtigen Dingen, Menschen, Tieren verbringen).
- Falls das Ereignis publik gemacht wird, sollten wir uns dem nicht unnötig aussetzen. Internetsuche oder Fernsehen-Zapping sollen auf einige Momente des Tages beschränkt werden.
Ich hoffe, ich konnte einigen von Ihnen ein wenig weiterhelfen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!