Bleibt Europa ein schöner Mythos?
Im Frühling 2017 von Dr. Luis Fuchs
„Ich habe Europa im Herzen“, hat der junge französische Staatspräsident Emmanuel Macron den Bürgern versichert. Erfreut über das Wahlergebnis äußerte sich Italiens Ministerpräsident Gentiloni: „Hoch lebe Präsident Macron. Eine Hoffnung geht durch Europa.“ Das große Zittern in Europa ist vorerst vorbei, das Schreckgespenst eines „Frexit“ hat sich verzogen.
Wo liegen die Wurzeln dieses so sehr strapazierten Wortes „Europa“? Vorerst schwebt uns ein schöner Mythos vor Augen, der seit dem 7. Jh. v. Chr. bis in die neueste Zeit oft in der Kunst dargestellt worden ist: Europa, die schöne Tochter des phönizischen Königs Agenor wurde von Zeus, in einen Stier verwandelt, entführt. Sprachwissenschaftler dagegen vermuten, dass die Wiege Europas, zwar nur der Entstehungsort seines Namens, im nördlichen Kanaan liegt. Demnach soll „Europa“ auf das nordsemitische Wort „ereb“ zurückzuführen sein; dieses bedeutet „dunkel, Abend, Westen“. Damit war das Land westlich von Griechenland, dort wo die Sonne unterging, gemeint. Europa ist also das „Abendland“, genau genommen das Gegenstück vom „Morgenland“.
Den Namen „Europa“ trägt auch einer der vier Jupitermonde, von G. Galilei im Jahre 1610 entdeckt. Die schöne Prinzessin Europa, geraubt vom König von Kreta, wurde vom Komponisten Antonio Salieri in der Oper „Europa riconosciuta“ glorifiziert; das Werk wurde bei der Einweihung des „Teatro alla Scala“ in Mailand 1778 uraufgeführt und enthusiastisch gefeiert. Das antike Bildnis der phönizischen Königstochter Europa finden wir auch im Porträt-Wasserzeichen und im Hologrammstreifen der 5 €, 10 € und 20 € Banknoten.