Es war einmal gewesen
Im Herbst 2015 von Dr. Luis Fuchs
„Die Carabinieri hielten in Kastelbell einen Mann aus Apulien an. Er hat versucht, 140.000 Euro über die Grenze zu schmuggeln. Der Fahrer verstaute die Geldscheine in den Sitzen des Autos.“ Von einem lokalen Fernsehsender wurden wir darüber kürzlich informiert. Auszusetzen an der Meldung ist, dass die Zeitenfolge (Consecutio Temporum) nicht konsequent ist. Der Fahrer „verstaute“ hier das Geld genau genommen erst nach der Kontrolle. Heißen müsste es dagegen: „Er hatte die Scheine verstaut“.
In so einem Falle muss das Plusquamperfekt als Zeitform verwendet werden; man bezeichnet sie auch als Vorvergangenheit oder vollendete Vergangenheit. „Nachdem die Feuerwehr die Unfallstelle geräumt hatte, löste sich der Stau auf.“ Die Zeitform der Vorvergangenheit beschreibt also ein Ereignis, das sich noch vor einem anderen zugetragen hat. „Nachdem das neue Autonomiestatut 1972 in Kraft getreten war, mussten die Durchführungsbestimmungen erarbeitet werden.“
„Bei der Volkszählung im Jahre 2001 waren in Meran 33.656 Einwohner gewesen.“ In diesem Beispiel hat die Vorvergangenheit allerdings keine Berechtigung. Soundso viele Einwohner waren damals in Meran oder sind gewesen. Der Volkszählung war nämlich kein anderes Ereignis vorausgegangen.
Der Trend, die Vorvergangenheit zu verwenden, wo sie fehl am Platze ist, scheint sich in der Umgangssprache breit zu machen. „Wo waren Sie im Urlaub gewesen“? „Ich war in Spanien gewesen.“ Hier würde die Zeitform des Präteritums oder des Perfekts vollends genügen: „Ich war dort“ oder „Ich bin dort gewesen.“ „Was hatten wir doch für eine schöne Jugendzeit gehabt!“ hören wir mitunter Senioren schwärmen. Ist es der Hang zum Perfekten, in diesem Fall zum „Mehr-als-Perfekten“ (Plusquamperfekt), der uns die Vergangenheit nostalgisch verklären lässt?