Kommunikation ist nicht alles, aber ohne Kommunikation ist alles nichts
Im Sommer 2020 von Dr. Luis Fuchs
Vier Tage mit „Verhandlungsrunden in Dauerschleife, Gebrüll, Intrigen und Inszenierungen“ lagen hinter den Spitzenpolitikern. Der Verhandlungspoker um das Milliardenpaket beim Brüsseler EU-Sondergipfel drohte an der Kompromisslosigkeit der sparsamen Länder spektakulär zu scheitern, ließ uns die WELT wissen.
Dem kontinuierlichen Zivilisationsprozess ist es zu verdanken, dass die Menschheit nicht mehr mit Fäusten und Schwertern aufeinander eindrischt. Konflikte lassen sich in Debatten austragen. Vom Wort her war die Debatte nicht von Gewaltlosigkeit gezeichnet, denn das ursprünglich vulgärlateinische „battuere“ bedeutet schlichtweg „schlagen“. Wer diskutiert und debattiert, verzichtet auf brachiale Auseinandersetzung, er kommuniziert auf verbaler Ebene. Auf der politischen Bühne Italiens allerdings haben noch im Jahr 2014 Abgeordnete der Cinquestelle mit Fäusten ihren Argumenten Ausdruck verliehen. Der Begriff „kommunizieren“ ist auf das lateinische „communicare“ zurückzuführen; es bedeutet also „etwas gemeinschaftlich machen“. Ab dem 16. Jh. verstand man unter Kommunikation bereits „Mitteilung, Unterredung“.
Im politischen Diskurs dient die Kommunikation der Verständigung zwischen Politikern und Wählern. Gewählt wird, wer die Bürger für gemeinsame Pläne und Ziele überzeugen kann. Nicht ausreichend kommuniziert bedeutet so viel wie „nicht genug erklärt, mangelhaft begründet, die Bürger nicht überzeugt“. Da abschätzige Bemerkungen zum Verhandlungsergebnis des Brüsseler Gipfels nicht ausblieben und die EU beispielsweise vom Bundeskanzler Sebastian Kurz wegen der Corona-Hilfen auch als Schulden-Union schlecht geredet wird, halten die Befürworter dagegen: „Wir müssen das besser kommunizieren“.
Auch mit Schweigen können wir unsere Meinung kommunizieren. Schon bei den Römern galt: Qui tacet, consentire videtur“. Schweigen wird als Zustimmung betrachtet. Von einer Person, die jede Stellungnahme verweigert, sagt man, sie schweige in sieben Sprachen. Die Wendung entstammt dem Berliner Altphilologen Immanuel Bekker, über den sein Lehrer gesagt haben soll, er schweige in sieben Sprachen.