Neuerdings wird geshuttelt
Im Winter 2015 von Dr. Luis Fuchs
„Wir fühlen uns gepiesackt“, klagte Brigitte Foppa kürzlich der „Neuen Südtiroler Tageszeitung“; die Entwürfe der politischen Minderheit würden reihenweise in den zuständigen Gesetzgebungsausschüssen abgeschmettert. Was die Abgeordnete mit „piesacken“ wohl meine, dürften sich vor allem jüngere Zeitungsleser fragen. Tatsächlich handelt es sich hierbei um ein vom Aussterben bedrohtes Wort. Wer andere „piesackt“, der peinigt, quält oder ärgert sie.
Das Verb ist vom norddeutschen „Pesek“ abgeleitet, womit ein „Ochsenziemer“ bezeichnet wurde, ein Gerät also, mit dem nicht nur Tiere gezüchtigt und geschunden wurden. Als Disziplinarmaßnahme ist heute eine derartige Methode der körperlichen Züchtigung unzulässig; wenn noch gepiesackt wird, dann bezieht sich die Bedeutung auf kaum minder verletzende und kränkende Formen wie belästigen, schikanieren oder mobben. „Acht Jahre lang haben sie mich geduckt und verulkt und gepiesackt“, beklagt sich der Schüler Hans Pfeiffer im Roman „Die Feuerzangenbowle“.
Wenn sich einerseits Wörter aus unserem Sprachgebrauch verabschieden, so schleichen sich klammheimlich neue vielfach aus anderen Sprachen entlehnte Wörter in unsere Alltagssprache ein.
„Ab 7.30 Uhr wird geshuttelt“, informierte der Ö2-Sprecher anlässlich des Weltcup-Riesentorlaufs in Kühtai. Der Begriff „Shuttle“ ist uns ursprünglich wohl von der amerikanischen Weltraumfähre „Spaceshuttle“ her bekannt. Der von „Shuttlebussen“ betriebene Pendelverkehr wird auch von den Südtiroler Fahrgästen zusehends genutzt. Technischer Fortschritt findet im Vokabular seinen Niederschlag: „Shuttle“ ist beispielsweise in den letzten Auflagen des Rechtschreib-Dudens aufgelistet, noch nicht darin zu finden ist das Verb „shutteln“. Wie lebendig und anpassungsfähig Sprache doch sein kann: So fahren Obervinschger Jugendliche mit dem „Schittlbus“, wenn sie zu später oder früher Stunde unterwegs sind; vielleicht fühlen sie sich im Schlaf zu sehr durchgeschüttelt.