Vorurteile führen uns nicht selten hinters Licht
Im Herbst 2018 von Dr. Luis Fuchs
„Der Wähler macht keine Fehler.“ Unter dieser Schlagzeile im „salto“ kommentierte Ivan Gufler den sensationellen Erfolg der Lega bei den Parlaments- und Landtagswahlen. Ein Feindbild war bei den Wahlauftritten Salvinis geschickt ausgespielt worden. Die Überzeugung, das Volk sei immer im Recht, geht weit ins Altertum zurück. „Vox populi, vox Dei“ hieß es damals: „Volkes Stimme, Gottes Stimme“. Diesem Credo verpasste der aufgeklärte Schiller im „Demetrius“ einen unmissverständlichen Denkzettel: „Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn, Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen.“
Da die Menschheit überzeugt war, die Erde stehe still und die Sonne gehe auf, wurde das von Galilei favorisierte heliozentrische Weltsystem als ketzerische Blasphemie abgetan. Um sein Leben zu retten, schwor er dieser Theorie vor Gericht ab, nicht ohne hinter vorgehaltener Hand angeblich zu murmeln: „Eppur si muove!“
Bereits von klein auf prägt uns die Gesellschaft, in der wir aufwachsen, durch Selbstverständlichkeiten wie Sprache, Sitten, Religion und Werturteile. Im Laufe des Lebens nehmen wir dann durchwegs nur Informationen auf, die in unser Weltbild passen. Der Rest wird, sei es aus Harmoniestreben, Sturheit oder geistiger Faulheit einfach ausgeblendet. Psychologen beschreiben dieses Phänomen als „Confirmation-Bias“, sinngemäß kann es als Voreingenommenheit oder Vorurteil bezeichnet werden. Albert Einstein fasste es in einen markanten Vergleich: „Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom.“