Wenn Worte Wunder wirken
Im Winter 2018 von Dr. Luis Fuchs
„Wind, windig, Windisch.“ Wohl der koreanische Wind hat dem Sportjournalisten Alex Raffeiner die Schlagzeile eingegeben. „Wierer vom Winde verweht.“ Auch in dieser Titelzeile stehen die drei „W“ für den widrigen Wind. Mit raffinierter Wortwahl verstehen es die Redakteure, die Aufmerksamkeit der Leser zu wecken. Gelungen ist dies ebenso einem italienischen Reporter, der sich eines lateinischen Sprichwortes bedient: „Veni, vidi, Windisch.“
Stimmen die Anfangsbuchstaben zweier oder mehrerer Wörter überein, so prägen sie sich dem Leser durch die Wiederholung besonders ein. Die beliebte Stilfigur wird als Stabreim oder Alliteration bezeichnet; gleiche Anfangslaute wurden dereinst Stäbe oder Reimstäbe genannt. Während der Stabreim in der germanischen Dichtung gang und gäbe war, ist er heute noch in einigen Redewendungen erhalten. Wenn wir mit „Kind und Kegel“ in den Urlaub aufbrechen, so nehmen wir die ganze Familie mit. Der „Kegel“ ist in dieser Wendung nicht wörtlich zu verstehen, er war ursprünglich eine abwertende Bezeichnung für „Kind“ und hat später die Bedeutung als „uneheliches Kind“ erhalten. Kam einst ein Bauer wegen Misswirtschaft um „Haus und Hof“, so blieben „Schimpf und Schande“ nicht aus. Konnte sich bei einem Schiffbruch gar niemand retten, dann hieß es, mit „Mann und Maus“ sei es untergegangen; die Wendung umfasst das Wichtigste und das Geringste an Bord eines Schiffes. Wird jemand bei einem Behördengang von einer Stelle zur anderen verwiesen, dann heißt es, er wird von „Pontius zu Pilatus“ geschickt. Geht die Rede vom Volk der „Dichter und Denker“, ist der Bezug auf Deutschland naheliegend; der Ausdruck soll von Jean Paul geprägt worden sein. Mit dramatischer Ernüchterung wird derzeit dieses Volk der Dichter und Denker auf das Parkett der Politik geholt, wenn es sich mit der Phrase konfrontiert sieht: „Wir werden warten, welche Wahnsinnsregierung weitermacht.“
Im Bereich der Werbung bedient man sich gerne der Alliteration als Stilmittel. „Alle Welt wählt Wella.“ Die sich wiederholenden Anlaute sollen die Aufmerksamkeit der potenziellen Käufer wecken. „Kleidung clever kaufen bei Kik.“ Balisto wirbt mit dem Wortspiel: „Natürlich nasch ich. Nachhaltig.“ Bei der Botschaft „Manner mag man eben“ gieren die Geschmacksnerven nach Sättigung.