Wie viel Mut ist zumutbar?
Im Winter 2016 von Dr. Luis Fuchs
„Wer Mut zeigt, macht Mut“, mahnte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und forderte von den Bürgern „Mut zu immer neuen kleinen Anfängen“. „Mut“ wird gern als Schlüsselwort für Neujahrsansprachen in Anspruch genommen. „Ich werde all meinen Mut und meine Energie einbringen“, versicherte auch Matteo Renzi bei seinem Amtsantritt als Ministerpräsident.
Bereits im 8. Jahrhundert taucht das althochdeutsche muot im Sprachgebrauch auf und steht dann im Mittelalter für Ritterlichkeit und heldenhafte Taten. Im Laufe der Sprachentwicklung hat das Wort „Mut“ vielfältige und unterschiedliche Facetten angenommen, sodass es im heutigen Sprachgebrauch ein umfassendes Spektrum an Bedeutungen aufweist. So steht der Hochmut für Überheblichkeit und abschätzigen Stolz anderen gegenüber, während die Demut als ursprüngliche diemuot die ergebene Bereitschaft zum Dienen ausdrückt, wie man einst die Treue des Dieners zum Gefolgsherrn darunter verstand.
Wenn wir einerseits draufgängerischen Mut als Wagemut und Löwenmut bezeichnen – im Dialekt würden wir dazu auch „Schneid“ sagen –, so verstehen wir anderseits unter Kleinmut einen Mangel an Courage und Entschlusskraft. Großmut zeichnet einen Menschen von edler Gesinnung aus und Langmut gestehen wir einer geduldigen und nachsichtigen Person zu.
Meist wird der Mut den männlichen Wesen zugestanden; zu Unrecht wohl, denn auch die Grammatik sieht für nicht wenige Wörter, die mit „-mut“ enden, weibliches Geschlecht vor. Anmut, Sanftmut, Schwermut ordnet man eher weiblichem Gemüt zu, sie bezeichnen mehr nach innen gerichtete Affekte. Übermut, Hochmut, Heldenmut beziehen sich dagegen auf eher männliche, nach außen gerichtete Gemütsbewegungen. Selbst „mutige“ Wörter können unter Umständen vom Mut verlassen werden; so heißt ein leidenschaftsloser Gemütszustand Gleichmut und nichts als Ärger und Verdruss versteht man unter Unmut.