Der Ehrenpreis
Veronica L.
Im Winter 2021 von Dr. Wilhelm Mair
In Südtirol ist die Gattung Ehrenpreis – Veronica, die zur Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae) gehört, mit etwa 30 Arten vertreten. Sie wachsen in vom Menschen geprägten Landschaften als Wiesenpflanzen und Ackerunkräuter, aber auch in alpinen Zonen. Es sind niedrige, einjährige bis ausdauernde, krautige, oft kriechende Pflanzen mit gegenständigen Blättern. Die meist blauen Blüten stehen zu mehreren gehäuft in Trauben am Ende des Stängels, auch einzeln oder zu mehreren in lockerer Verzweigung auf dünnen Stielen, die aus den Blattachseln entspringen. Die Blüten besitzen je vier Kelch- und Kronblätter unterschiedlicher Größe, zwei Staubbeutel und einen filigranen, gleichlangen Griffel in ihrer Mitte. Die Früchte enthalten sehr viele Samen, die lange Zeit im Boden lebensfähig sind. Manche Arten galten im Mittelalter als nützliche Heilkräuter gegen zahlreiche Beschwerden, heute werden sie nur noch gelegentlich in der Naturheilkunde verwendet.
Der botanische Gattungsname Veronica wird allgemein auf das lateinische vera unica (medicina) = das einzig wahre (Heilmittel) zurückgeführt. Andere Autoren stellen eine Verbindung zur hl. Veronika mit dem Schweißtuch her, das Wunden heilt. Der deutsche Name ist zusammengesetzt aus Ehre und Preis und deutet auf die Wertschätzung des Wald-Ehrenpreises in der Naturheilkunde hin.
Der Ehrenpreis liebt nährstoffreiche Böden in Obstwiesen, Rebanlagen, Weiden, Wäldern, Gärten und öffentlichen Parkanlagen, auch an Wanderwegen und Schuttplätzen. Die ursprüngliche Heimat ist das Kaukasusgebiet, von dort wurden die Pflanzen im 19. Jh. als Zierpflanzen in botanische Gärten eingeführt, sind dann verwildert und haben sich in Europa schnell ausgebreitet. Bei Spaziergängen auf den Wiesenwegen und auch an Promenaden begegnen uns häufig Vertreter dieser Gattung mit den zarten, blauen Blüten, von denen wir hier zwei Vorfrühlingsblüher vorstellen.
Der Persische Ehrenpreis (Veronica persica Poir.) wird wegen der lieblichen Blüten in Italien, wo die Pflanze häufig vorkommt, „occhio della Madonna“ genannt. Aus einem feinen und dichten Wurzelsystem wachsen 10-40 cm lange, aufsteigende oder niederliegende Stängel, die an Knoten nicht wurzeln. Die etwa 2 cm großen, kurz gestielten Blätter sind herzförmig bis rundlich und am Rande grob gezähnt. In den Blattwinkeln entspringen einzeln lange Stiele, an deren Spitze sich die 8-12 mm großen Blüten befinden. Die Blütenkrone ist hellblau, dunkler aderig gezeichnet und hat einen gelblichweißen Schlund. Die Pflanze ist in allen Teilen locker behaart. Sie gehört im Frühjahr zu den ersten und im Herbst zu den letzten Pflanzen mit Blüten.