Die Eibe
Taxus baccata L.
Im Frühling 2014 von Dr. Wilhelm Mair
Die Eibe ist in Europa zwar die Baumart mit der höchsten Lebenserwartung (von 2.000 Jahren), ist aber stark gefährdet und gehört zu den geschützten Pflanzenarten. In Deutschland ist sie in die Rote Liste der bedrohten Pflanzenarten aufgenommen. Sie ist gegenüber stärker wachsenden Bäumen im Nachteil und einem starken Wildverbiss ausgesetzt. Von den ehemals eibenreichen Wäldern Mitteleuropas sind nur mehr kleine Restbestände in wintermilden und luftfeuchten Gebieten vorhanden. Ein Fund aus vorgeschichtlicher Zeit ist für Südtirol bemerkenswert: Bei der Ausrüstung der Gletschermumie „Ötzi“ befand sich der Pfeilbogen und der Schaft des Beiles aus Eibenholz. Funde von Waffen und Gebrauchsgegenständen in anderen Gegenden Mittel- und Nordeuropas zeugen von der Wertschätzung des Eibenholzes in der vorgeschichtlichen Zeit bis ins Mittelalter. Für die Jagd und die vielen kriegerischen Auseinandersetzungen war das Eibenholz zur Herstellung der Pfeilbögen, Speere und Bügel für die Armbrüste unersetzlich, bis schließlich der Rohstoff Eibe nicht mehr ausreichend zur Verfügung stand. Die Römer nannten die Eibe „taxus“ in Anlehnung an das griechische „tóxon“, was Bogen bedeutet. Der Name Eibe leitet sich vom althochdeutschen „iwa“ ab, was Bogen und Armbrust bedeutet.
Die Eibe, auch Europäische oder Gemeine Eibe genannt, ist die einzige europäische Art der Gattung Eiben. Die Familie der Eibengewächse (Taxaceae) nimmt in der Ordnung der Nadelhölzer (Coniferales) eine besondere Stellung ein, weil ihnen die für diese Gehölze typischen Zapfen fehlen und im Holz und in den Nadeln keine Harzkanäle vorkommen. Die Gemeine Eibe ist in Europa, Nordafrika und Kleinasien verbreitet. Im Laufe der Jahre sind zahlreiche Zuchtformen entstanden, die sich in der Wuchsform und Nadelfärbung unterscheiden.
Die immergrüne Eibe ist langsam wachsend und je nach Standortbedingungen sehr verschiedengestaltig. Freistehende junge Eiben besitzen meist schlanke, aufstrebende Stämme mit einer regelmäßigen Beastung. Ihre Krone ist mehr oder weniger breit kegelförmig und bekommt mit zunehmendem Alter des Baumes eine eiförmige oder kugelige Form. Ältere Exemplare sind nicht selten mehrgipfelig und mehrstämmig, wobei die Stämme miteinander verwachsen können. Beliebt ist auch die Säulen-Eibe (Taxus baccata „fastigiata“) mit steil aufrechten Ästen. Das im Vergleich mit anderen Baumarten stark entwickelte Wurzelsystem ermöglicht es dem Baum, sich nach Schlägerung durch Stockausschlag zu regenerieren und auch sich zu vermehren. Charakteristisch ist die dünne, grau- bis rotbraune, glatte und längs abblätternde Schuppenborke. Die weichen und biegsamen, flachen und kurz zugespitzten Nadeln sind an aufrechten Leittrieben schraubig, an den Seitenzweigen hingegen zweizeilig angeordnet. Auf ihrer Oberseite sind sie glänzend dunkelgrün, an der Unterseite dagegen hell- oder graugrün, mit deutlicher Mittelrippe und mit undeutlichen, blassgrünen Spaltöffnungsbändern gezeichnet. Die zweihäusig verteilten Blüten (männliche Staubbeutel und weibliche Fruchtknoten befinden sich auf unterschiedlichen Bäumen) werden in den Achseln der Nadeln gebildet und öffnen sich im März-April. Aus den bestäubten weiblichen Blüten entwickeln sich nussartige Samen, die von einem fleischigen, scharlachroten Mantel becherförmig umhüllt werden. Die Samenverbreitung erfolgt durch Vögel, die vom roten Samenmantel angelockt werden, nur diesen verwerten und den Samen ausscheiden. Das Holz gehört zu den dichtesten, härtesten und beständigsten europäischen Hölzern und wird von Kunsttischlern, Drechslern und Schnitzern verwendet.
Holz, Rinde, Nadeln und Samen enthalten Giftstoffe, die bei größeren Mengen für Menschen und Säugetiere tödlich sein können (ausgenommen die Rehe); nur der rote Samenmantel enthält kein Gift! Neben der Verwendung der Eibe als Gift- und Mordpflanze hat sie auch Bedeutung als Heilpflanze: In der Homöopathie werden Auszüge aus Nadeln in starker Verdünnung für Mittel gegen Herz-, Leber- und Hautleiden sowie gegen Gicht und Rheuma verwendet. Wegen des hohen Alters, das die Eibe erreichen kann, wegen der immergrünen Benadelung und der starken Giftigkeit wurde der Pflanze allerlei Zauberwirkung nachgesagt. Die Eibe gilt wegen des düsteren Aussehens als der Baum des Todes und der Trauer, aber als immergrüner Baum auch als Hoffnungszeichen und ist deshalb oft auf Friedhöfen zu finden.