Die Opuntien, anspruchslose Überlebenskünstler
Opuntia Mill.
Im Sommer 2015 von Dr. Wilhelm Mair
Die Opuntien sind sukkulente Pflanzen und besitzen ein Zellgewebe, das sie befähigt, Wasser auf Vorrat zu speichern (suculentus (lat.) = saftreich) und lange niederschlagsfreie Perioden zu überstehen. Sie sind somit an das Wachsen auf heißen und trockenen Standorten angepasst. Die Gattung Opuntia ist der am häufigsten vorkommende und am weitesten verbreitete Vertreter in der großen Familie der Kakteengewächse (Cactaceae). Das natürliche Verbreitungsgebiet umfasst die Halbwüsten weiter Teile Nord- und Südamerikas sowie der Karibik. Mexiko, das Hauptverbreitungsgebiet, zeigt im Staatswappen einen Adler auf einer Opuntie mit einer Schlange in den Krallen. Die ersten Opuntien kamen vermutlich kurz nach der Entdeckung Amerikas (1492 durch Christoph Columbus) nach Europa. In vielen Ländern, auch im Mittelmeergebiet, sind diese Pflanzen eingebürgert. Als invasive Neophyten verbreiteten sich einige Arten in manchen Gebieten derart stark, dass sie bekämpft werden mussten.
Opuntien sind baum- oder strauchförmige, aufrecht oder kriechend wachsende Kakteen mit flachgedrückten, rundlichen und häufig reich verzweigten Sprossabschnitten (Kladodien). Durch die Fähigkeit, in ihrem Gewebe Wasser zu speichern, bekommen sie ein fleischiges Aussehen. Eine Besonderheit der Opuntien ist, dass jeder Spross Wurzeln bilden und unter günstigen Bedingungen anwachsen kann. Die grünen Sprosse übernehmen die Aufgabe der Photosynthese an Stelle der kleinen Blätter, die bald abfallen; an ihre Stelle treten Borsten mit Widerhaken (Glochiden) und Dornen, die vor Tierfraß schützen. Von Mai bis Juni entspringen an den Rändern der Sprosse die breit-trichterförmigen, seidig glänzenden, gelben oder roten Blüten. Die Früchte einiger Arten sind essbar.
Neben der Nutzung der Früchte und Sprosse als Nahrungs- und Futtermittel wurden Opuntien (u.a. auch der Echte Feigenkaktus) zur Gewinnung des Farbstoffes Cochenillerot = Karmin angebaut. Schon lange vor der Eroberung durch die Spanier (Anfang des 16. Jh.) kannten die Azteken das Verfahren, aus der Cochenille-Schildlaus, die die Opuntie als Wirtspflanze braucht, den Farbstoff herzustellen, mit dem sie Textilien färbten. Trotz des billigeren, aber für die Gesundheit bedenklichen Cochenillerot A aus synthetischer Herstellung (E124) wird der natürliche Farbstoff (E120) jetzt wieder vermehrt hergestellt und zum Färben von Textilien, Lebensmitteln, alkoholischen Getränken und anderen Genussmitteln, Medikamenten (Tablettenüberzüge) und kosmetischen Produkten verwendet.
Eine bekannte Art ist der Echte Feigenkaktus (Opuntia ficus indica (L.) Mill.) mit gelben und orangefarbenen Blüten und gelbroten bis rotvioletten, 6 bis 10 cm großen, saftigen und süß bis leicht säuerlich schmeckenden „Kaktusfeigen“. Die 20 bis 60 cm großen Sprosse entspringen meist einem deutlichen Stamm, Dornen sind unauffällig und oft fehlend.
Die gelb und manchmal rötlich blühende Opuntia engelmannii Salm-Dyck ex Engelm. hat 10 bis 30 cm große, flache, aufsteigende bis gespreizte Sprosse ohne deutlichen Stamm. Die 3 bis 7 cm großen, fleischigen Früchte sind purpur-violett. Die leicht abgeflachten Dornen liegen meistens der Trieboberfläche an.