Hier nicht betteln!
Runde zwei für Franz Kripp?
Im Herbst 2012 von Gudrun Esser
Der Meraner Gemeinderat hat mit 23 Ja-Stimmen und 9 Nein-Stimmen die Abänderung der städtischen Polizeiordnung genehmigt. Ein zentraler Abänderungspunkt betrifft das Betteln oder, wie es in der offiziellen Pressemitteilung der Gemeinde heißt, „das zunehmende Phänomen des Bettelns“. Eine legislative Basis, also eine gesetzliche Regelung, die es den exekutiven Vollzugsorganen, in diesem Fall der Stadtpolizei, ermöglicht, gegen Bettler vorzugehen. Das Betteln soll mit der neuen Polizeiordnung aber nicht verboten, sondern eingeschränkt werden.
Anlass für die Abänderung der Polizeiordnung Merans seien die Klagen etlicher Anrainer gewesen, begründet Bürgermeister Januth: „Besonders ältere Bürger fühlen sich ernsthaft bedrängt, wenn sie zum Beispiel am Bankomaten Geld ziehen und dann von Bettlern nach Geld gefragt werden“, sagt Januth. Für viele sei es auch äußerst unangenehm, unmittelbar vor Kirchenportalen angesprochen zu werden. Nicht wenige wüssten sich in dieser Situation nicht zu helfen. Vor allem aber wolle man mit der Neuordnung jene beschützen, die wirklich bedürftig sind, argumentiert Januth.
Den Armen müsse geholfen werden, darum kümmern sich die sozialen Einrichtungen in der Stadt. Laut Januth will man vornehmlich gegen das organisierte Betteln vorgehen. Das werde immer wieder von den gleichen Personen, teils auch von Kindern betrieben. Mit der Abänderung der Polizeiordnung habe die Stadtpolizei nun eine legale Handhabe, um dem entgegenzuwirken. Und diese soll in etwa so aussehen: Die Polizei stellt jedem, der beim Betteln erwischt wird, eine Verwaltungsstrafe aus, nimmt das erbettelte Geld ab und schickt dann den Bettler zum Essen zur Caritas. (Weitere Details der Neuordnung, siehe Kasten!)
Die Grünen-Stadträtin Kury ist über die Entscheidung des Gemeinderates empört. Man solle auf dem Stadtplan Merans mal bei all den angegebenen Orten einen Umkreis von 100 m einzeichnen, dann bliebe fast kein Fleck mehr frei, so Kury. Damit sei das Betteln und Bitten um Almosen praktisch völlig untersagt. „Blanker Zynismus ist der Verweis auf das gepflegte Stadtbild!“, kritisiert Kury.
Ähnlich wie Kury haben die Vertreter der Sozialorganisationen auf den Beschluss des Meraner Gemeinderates reagiert. KVW, Vinzenzgemeinschaft und Caritas haben sich gegen ein Bettelverbot ausgesprochen: „In den Augen mancher stören Bettler das Stadtbild, die Gemeindeväter möchten das ‚gepflegte Stadtbild wahren’, wie es in der geplanten Stadtpolizeiordnung von Meran heißt. Bettler geraten in Gefahr, als ‚Schmutz’ gesehen zu werden“, heißt es in einer gemeinsamen Aussendung aller drei Organisationen.
Die Stimme der Ratsfraktion der Grünen zeigte sich zudem irritiert über das Verhalten zweier Vertreter der Sozialorganisationen im Gemeinde- bzw. Stadtrat. Im Gegensatz zu der Gemeinschaftsaussendung von Caritas, KVW und Vinzenzverein sind laut Kury Stadtrat Stefan Frötscher (KVW- Bezirkssekretär in Meran) und Gemeinderat Georg Hörwarter (Vorsitzender des Vinzenzvereines Südtirol, Sektion Meran) in der Debatte im Meraner Gemeinderat Anfang September äußerst zurückhaltend gewesen, so Kury. Im offiziellen Schreiben heißt es jedoch:
„Mit Besorgnis haben der Katholische Verband der Werktätigen (KVW), die Caritas und die Vinzenzgemeinschaft die Meldungen und Diskussionen um ein Bettelverbot in einigen Gemeinden Südtirols verfolgt. Gemeinde- und Stadträte beraten über Verordnungen, die das Betteln an bestimmten Orten vollständig verbieten.
Alle drei Organisationen schreiben weiter, dass man aus christlicher Sicht der Armut nicht dadurch begegne, indem man die Augen vor ihr verschließe. Die Verbände räumen aber ein, dass es natürlich unangenehm berühren könne, mit bettelnden Menschen konfrontiert zu sein.
Das haben auch Ergebnisse einer kleinen Umfrage des Meraner Stadtanzeigers im Zentrum Merans ergeben – jedoch nicht nur.
Das Umfrageergebnis grob zusammengefasst, hat sich jeder zweite befragte Einheimische für eine Einschränkung des Bettelns ausgesprochen. Die anderen 50 Prozent der befragten Frauen und Männer zwischen Mitte 30 und Mitte 70 fühlen sich durch Bettler weder bedroht, noch wünschen sie gesetzliche Maßnahmen. Man müsse ja nichts geben, wenn man nicht wolle, sagten jene. Räumten aber auch ein, dass Bettler, die hartnäckig um Geld bitten, sehr wohl anstrengender seien. Es waren auch konkrete Beispiele und Vorschläge zu hören:
„Man sollte das Betteln wieder so regeln, wie Mitte der 60er-Jahre in Meran“, schlägt eine Dame vor und führt konkret aus: „Damals durfte man nur samstags betteln, den Rest der Woche war es strikt verboten, da habe ich samstags den Bedürftigen auch regelmäßig Geld gespendet.“