Spielhölle Meran?
Die Risiken von Glücksspielen. Wie gefährlich sind sie eigentlich?
Im Sommer 2011 von Thomas Kobler
In den letzten Monaten gab es immer wieder Diskussionen und Vorträge zum Thema Glücksspiel. Wie viele Menschen sind aber wirklich davon betroffen und was bedeutet dies für deren Familien?
Wir haben uns unter anderem im Sanitätsbetrieb für Abhängigkeitserkrankungen in Meran umgehört.
Man sieht sie immer öfter auch in Meran und Umgebung, in Bars, in Spielhallen, sogar in manchen kleinen Tabaktrafiken. Die Rede ist von den sogenannten „slot-machines“, den Spielautomaten, welche viele Menschen schon an den Rand der finanziellen Existenz gebracht haben. Anfangs beginnt es meist recht harmlos und oftmals auch aus Langeweile. Man wirft, vielleicht bei einem Gläschen Wein, ein paar Euromünzen in einen kleinen Schlitz eines bunt blinkenden Automaten und vertreibt sich somit ein wenig die Zeit, während man gleichzeitig auf den ganz großen Gewinn wartet. Andere versuchen sich beim „gratta e vinci“, Internetpoker oder bei Lottospielen. Für die meisten Menschen stellt dies kein Problem dar und es bleibt für sie ein kleiner Zeitvertreib, aber bei bestimmten Personen kann sich eine Abhängigkeit entwickeln.
Allein im Monat Februar wurden in der Provinz Trentino/Südtirol 99 Millionen Euro gespielt, der Großteil, nämlich 68,3 Millionen, wurden bei den Automatenspielen verspielt. Insgesamt gibt es in Meran 7 Spielhallen, über 400 „slot- machines“, 6 Einrichtungen für Sportwetten und 20 Verkaufsstellen für Rubbellose und Lotto-Spiele.
In Südtirol ist circa ein Prozent der Bevölkerung spielsüchtig, das sind ungefähr 5.000 Personen. In Meran haben sich im Jahr 2010 rund 50 Personen im Sanitätsbetrieb für Abhängigkeitserkrankungen eingefunden, seit Beginn des Jahres 2011 sind es auch schon wieder über 20 Personen, welche sich selbst angemeldet haben.
Glücksspiele sind weit verbreitet und seit jeher haben Menschen ihr Glück versucht. Egal, ob Kartenspiele, Roulette oder Sportwetten, die Spiele sind schon lange in unserer Alltagskultur verankert. Der Spieler sucht Spannung, Nervenkitzel, Vergnügen und natürlich die Chance, einmal den ganz großen Gewinn abzuräumen. Der Reiz des erwarteten Geldgewinns macht Glücksspiele letztlich so faszinierend.
Wenn Glücksspiel aber zur Sucht wird, dann hat das nicht nur für die Betroffenen selbst gravierende Folgen, sondern auch für deren Angehörige. Neben den negativen Auswirkungen auf die Beziehungen, welche oftmals auf Lügen und Ausreden aufbauen, belasten vor allem die finanziellen Schwierigkeiten.
Dabei muss man wissen, dass sich der Glücksspielmarkt in den letzten Jahren zu einem überaus bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt hat. Zwischen den Jahren 2006 und 2007 hat sich in Italien der Umsatz des allseits bekannten „gratta e vinci“-Rubbelspieles verdoppelt, jener der Automatenspiele ist um satte 22 % gestiegen. Äußerst bemerkenswert, und das belegen sämtliche internationale Forschungen, ist, dass die Anzahl der Menschen, die die Kontrolle über ihr Spielverhalten verlieren, direkt proportional mit dem Angebot an Glücksspielen steigt. Wie so oft regelt auch hier das Angebot die Nachfrage. Gab es zu Beginn der 1990er-Jahre noch drei wöchentlich zugelassene Spiele (Lotto, Pferderennen und Totocalcio), so waren es im Jahr 2006 bereits deren fünfzehn.
In Italien wurden im Jahr 2008 47,5 Milliarden Euro in das Glücksspiel investiert. Das bedeutet eine Pro-Kopf-Aufwendung von über 500 Euro. Italienweit dürfte es ca. 700.000 Spielsüchtige geben, ca. 85 % davon sind Männer. Die größte Altersgruppe ist jene von 40 bis 50 Jahren, allerdings nehmen die jüngeren Jahrgänge vor allem aufgrund der Onlinespiele deutlich zu. Bei dieser besorgniserregenden Statistik belegt Italien weltweit den unrühmlichen ersten Platz.
Dem Staat kommt beim Thema Glücksspiel also eine absolut entscheidende Rolle zu. Neben der Lizenzvergabe, über die nicht etwa Land oder Gemeinden entscheiden, erhält der Staat Milliarden an Abgaben und Steuern aus dem Glücksspiel, welche letztlich eine wichtige Einnahmequelle für die öffentliche Hand darstellen. Darin liegt auch das größte Problem: Der Staat, der die alleinige Kompetenz auf diesem Gebiet hat und deshalb auch ein Landesgesetz, das die Einrichtung von „Spielhöllen“ in der Nähe von Schulen verbieten wollte, vor dem Verwaltungsgericht angefochten hat, ist quasi auf diese Einnahmen angewiesen und hat so nicht viel - oder besser gesagt - kein Interesse, das Glücksspiel einzudämmen.
Der Staat hat kein Interesse, das Glücksspiel einzudämmen
Gleichzeitig stehen aber kaum Geldmittel zur Verfügung, welche in die Prävention und Behandlung der damit verbundenen Probleme fließen. Zudem ist noch anzumerken, dass Spielsucht in Italien bisher noch kein anerkanntes Krankheitsbild darstellt.
Die Glücksspielsucht ist aber eine ernst zu nehmende Krankheit, welche sich meistens versteckt und verborgen entwickelt, denn der Übergang von einem Spielverhalten mit Spaßcharakter zu einem problematischen Spielverhalten ist meistens fließend und wird von den Betroffenen meist gar nicht bzw. oftmals zu spät wahrgenommen.
Der Verlauf:
In der Regel verläuft die Entwicklung der Spielsucht in drei Phasen: