Editorial 05/2022
Im Winter 2022 von Eva Pföstl
Bei Gedanken an ein Kaffeehaus kommt manchen vielleicht zuerst Wien in den Sinn. Doch die ersten Kaffeehäuser gab es nicht dort, sondern wurden 1511 in Mekka eröffnet. Auf europäischem Boden entstanden die ersten im Jahre 1554 in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul. Damals wurde das Kaffeehaus als Treffpunkte der Geehrten und Weisen auch „Weisheitsschule“ genannt. Angeregt von der berauschenden Wirkung des Kaffees wurden hier kulturelle oder politische Auseinandersetzungen ausgefochten und philosophische Gedanken gesponnen. Ein venezianischer Kaufmann führte den Kaffee Anfang des 17. Jahrhunderts in seiner Heimat ein: 1647 eröffnete in Venedig das berühmte „Café Florian“. 1652 bekam London sein erstes Kaffeehaus, 1671 folgte Marseille, 1673 Bremen, 1677 Hamburg und 1683 Wien. Die Kaffeehäuser wurden überall zum Mittelpunkt des wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Lebens. So schrieb der Philosoph Pietro Verri 1764 in der ersten Ausgabe der Zeitschrift Il Caffè, dass das neue Getränk die geistige Tätigkeit dank seiner „den Geist erweckenden Tugend“ fördere.
In Meran wurde um 1800 eines der ersten Kaffeehäuser errichtet. Das „Café Paris“ befand sich in einem der bergseitigen oberen Laubenhäuser, in welchem sich heute im Erdgeschoss das Ledergeschäft „Gobbi“ befindet. Neben Bällen fanden dort Konzerte, Liedertafeln, Theater, Vorträge und Familienabende statt. In seinen Sälen trafen sich der Arbeiter- und der Jagdverein, der Bürgerklub und die Bürgerkapelle, die Stehwein- und andere Stammtischgesellschaften. Elfriede Zöggeler Gabrieli hat für uns ausführlich recherchiert und berichtet in unserer Titelgeschichte über die spannende Geschichte dieses Meraner Kaffeehauses, und ihre gesammelten Anekdoten geben uns einen Einblick in das damalige gesellige Leben unserer Stadt.
Gute Lektüre!