Editorial 06/2022
Im Frühling 2022 von Eva Pföstl
Er war einer jener Gasthäuser in Meran, in dem sich Gott und die Welt seit über hundert Jahren trafen: der Ofenbauer in der Lazag. Mit dem Abriss des traditionsreichen Gasthofes ging 2020 seine mehr als hundertjährige Geschichte unwiderruflich zu Ende. Heute erhebt sich dort eine ausgedehnte, terrassenförmig in den Sonnenhang hineingebaute, sechs Stockwerke hohe Wohnanlage. Mit dem „Ofenbauer“ schloss ein weiterer traditionsreicher Landgasthof seine Tore, nachdem die Gaststätten „Weißes Kreuz“ und „Malpertaus“ in der Lazag, der „Weißplatter“ und der „Steger“ in Labers schon vor Jahren oder Jahrzehnten, zuletzt auch der „Kircher“ in Gratsch, alles renommierte Aushängeschilder bürgerlicher Gasthauskultur, für immer zugesperrt haben. Damit geht Kulturgut und ein Stück Vielfalt in unserer Gastronomie-Landschaft verloren. Vielfältig, oft ineinander verwoben, sind die Ursachen für den anhaltenden Verfall dieses Stücks Heimatkultur. Ein bisschen waren aber auch wir Meraner und Meranerinnen selber schuld: Man muss auch in den Gasthäusern einkehren. Es hilft nicht, der traditionellen Gasthauskultur und Gasthaustradition nachzuweinen und dann ins designte Schicki-Micki-Lokal ums Eck zu gehen.
In der Titelgeschichte hat Walter Egger für uns in gekonnter Manier einen ausführlichen Nachruf auf den traditionsreichen Gasthof „Ofenbauer“ geschrieben und dokumentiert die facettenreiche Geschichte des ehemaligen Gasthauses – damit zumindest diese nicht verloren geht.