Die globale Null
Im Winter 2010 von Ulrich Ladurner
Eine Welt ohne Atomwaffen. Das ist ein Ziel, das US–Präsident Barack Obama formuliert hat. „Global Zero“ nennt er die Vision. Es klingt nach Träumerei. Doch Obama hat prominente Unterstützer. Zu ihnen zählen die ehemaligen Außenminister der USA, Henry Kissinger und George Shultz, der ehemalige Verteidigungsminister William Perry und der prominente Senator Sam Nunn. Sie schrieben vor mehr als einem Jahr einen offenen Brief, in dem sie eine Welt ohne Kernwaffen fordern. Der Brief war eine große Überraschung. Denn die Unterzeichner gehören den sogenannten Realisten an. Das heißt: Sie glauben an Atomwaffen als Mittel der internationalen Politik. Was hat den Sinneswandel ausgelöst?
Zu Zeiten des Kalten Krieges verfügten die Kontrahenten USA und Sowjetunion über furchterregende Atomwaffenarsenale. Sie hätten damit den gesamten Globus gleich mehrmals in die Luft sprengen können. Mindestens einmal, während der Kubakrise 1962, schrammte die Welt an der ultimativen Katastrophe vorbei. Das allein war und ist Beweis genug, dass man mit Atomwaffen auf Dauer nicht leben kann. Das Risiko ist zu groß.
Die Kubakrise hinderte die Supermächte zwar nicht daran, weiter atomar aufzurüsten, doch kam es bald zu einer Reihe von Verträgen, die eine Verbreitung der Atomwaffen verhindern sollten. Eine Welt ohne Atomwaffen schien kein realistisches Ziel zu sein. Aber es schien möglich, die Anzahl der Atomwaffenstaaten zu begrenzen. Das ist einigermaßen gelungen. Als der sogenannte „Nichtverbreitungsvertrag“ 1970 in Kraft trat, gab es fünf Atommächte. Heute gibt es deren zehn. Das ist viel, zu viel. Doch ist es weniger als man in den sechziger Jahren erwartet hatte. Damals ging man davon aus, dass innerhalb kürzester Zeit 30 Staaten die Atombombe besitzen würden. Der „Nichtverbreitungsvertrag“ war also ein Erfolg.