„Fort mit der Triftung!“
Vom Ende der Holztrift auf der Passer
Im Sommer 2022 von Dr. Walter Egger
Jahrhundertelang hatten Passeirer Holzknechte das von den Stadtbewohnern benötigte Brennholz auf der Passer nach Meran getriftet, bis man ihnen um 1890 die Holzlände im Uferbereich der Stadt, die zur internationalen Kurstadt aufgeblüht war, nicht weiter duldete. Daraufhin errichteten die Trifter einen neuen Ländplatz weit hinten in der Lazag auf Maiser Seite nahe beim Ofenbauer.
In Ermangelung einer ausgebauten Fahrstraße war vor allem die Trift der rund ein Meter langen Holzprügel auf der im Frühjahr durch die Schneeschmelze hochgehenden Passer der billigste Weg, größere Mengen Brennholz von Passeier direkt nach Meran zu liefern. In demselben Sinn nutzten die Haflinger den Sinichbach, die Ultner die Falschauer.
Holzlände in Meran
Die Holzlände bestand aus dem Ländrechen, dem Ländkanal und dem tatsächlichen Ländplatz. Am Ländrechen oberhalb der heutigen Postbrücke wurden die anschwimmenden Prügel aufgefangen und von den Holzknechten in den Ländkanal geleitet. Dazu bedienten sie sich der sogenannten Länterhaken, eines typischen Werkzeugs der Trifter. Es waren dies lange Holzstangen, die vorne mit einer Eisenspitze und einem Eisenhaken bewehrt waren. Mit der Spitze konnte man verklemmte Prügel freimachen, mit dem Haken das Holz an sich ziehen.
Der Ländrechen selbst war ein imposantes Bauwerk, das quer in das Bachbett gestellt sowohl dem Druck der Wasserfluten als auch den Massen der angeschwemmten Holzprügel standhalten musste. Bei plötzlich anschwellendem Hochwasser kam es doch mitunter vor, dass der Rechen durchbrach und ein Teil des Holzes zum Schaden der Trifter und Bauern verloren ging.
Der früher offen dahinfließende Ländkanal führte zuletzt – nach dem Bau der Kurpromenade und der angrenzenden Villen – teils unterirdisch zum Ländplatz, wo die Holzprügel schließlich aus dem Wasser gehoben und in langen Reihen aufgestapelt wurden.
Verbot der Meraner Holzlände
Der Ruf nach einem Verbot des Ländbetriebs an der Passer wurde in Meran immer lauter, je weiter die Verbauung des Uferbereiches entlang der heutigen Kurpromenade und Freiheitsstraße voranschritt. Dazu gesellten sich immer wieder Klagen der Städter über ungebührliches Verhalten der Länter, verursacht durch erhöhten Alkoholkonsum, womit die Männer glaubten, sich vor arbeitsbedingten Erkältungen oder Erfrierungen schützen zu müssen. Das Fass zum Überlaufen aber brachte ein Unfall Ende Mai 1889, den der bekannte Carl Wolf, damals Kurhausinspektor, nur wie ein Wunder überlebte. Plötzlicher Regen hatte die Passer in der Nacht beträchtlich ansteigen lassen; am Rechen staute sich eine gewaltige Masse Holz, das den Ländkanal allmählich zu füllen begann, sodass den angrenzenden Villen ernstliche Gefahr drohte. Carl Wolf, der zufällig daherkam und die bedrohliche Lage erkannte, zögerte keinen Augenblick, die Hausbewohner zu warnen. Doch als er im Laufschritt über die finstere Promenade eilte, fühlte er plötzlich den Boden unter den Füßen schwinden, und hilflos stürzte er in den Kanal hinab, wo ihn die Fluten sofort mitrissen. Auf dem Rücken im Wasser liegend, im Stockfinstern und umgeben von schweren Holzprügeln, wurde er durch den ganzen Kanal bis zum Ländplatz geschleift, wo Arbeiter den letztlich bewusstlos Gewordenen herauszogen. „Fort mit der Triftung!“ forderte am nächsten Tag die Presse im Namen der Meraner Bevölkerung und sie hatte Erfolg: Auf eine Eingabe des Stadtmagistrats verbot die Statthalterei tatsächlich noch im Juli 1889 künftighin die Aufstellung des Holzrechens oberhalb der Spitalbrücke und somit die traditionelle Meraner Holztrift.