Bürgermeister sehen schwarz- wegen der roten Zahlen.
Im Sommer 2010 von Gudrun Esser
Der Landeshauptmann mahnt, Projekte anzupacken. Die Bürgermeister stöhnen und wissen nicht wie. Woran liegt’s? Im Gemeindehaushalt muss einiges anders werden, sagt der ehemalige Präsident des Gemeindeverbandes und Landtagsabgeordneter Arnold Schuler.
Was läuft falsch in der Finanzpolitik der Gemeinden?
Die Gesamtschulden unserer Gemeinden liegen derzeit bei 1,2 Milliarden Euro. Das ist mehr als die Summe des Jahreshaushalts aller 116 Gemeinden. Und damit man eine noch klarere Vorstellung hat: entstanden sind die Schulden in erster Linie durch die Finanzierung der Trink- und Abwasserleitungen, 25% der Gelder sind in Schulbauten geflossen, ein Teil in Altersheime usw. Das Geld ist also nicht etwa für Luxusbauten verprasst worden.
Das Land bekommt 90% der an den Staat gezahlten Steuern wieder zurück, kann man damit nicht haushalten?
Doch natürlich. An sich schon. Ein 5,5 Milliarden-Landeshaushalt muss einfach für alle reichen. Das Problem ist das Finanzierungssystem bzw. die Art der Verteilung.
Wie funktioniert die ganz konkret?
Erst mal muss man sagen, dass sich unsere Gemeinden im Vergleich zu jenen in Österreich und Deutschland kaum selbst finanzieren können. Die Steuerautonomie unserer Gemeinden liegt bei ca. 10%. Das bedeutet, die Gemeinden werden hauptsächlich vom Land finanziert.
Das bedeutet?
Erst einmal muss zwischen laufenden Kosten und Investitionen unterscheiden werden. Um die laufenden Kosten zu decken stehen den Südtiroler Gemeinden insgesamt 260 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt zur Verfügung. Diese Summe wird über die sogenannte Pro-Kopf-Quote an die Gemeinden verteilt. Gemeinden bis 10.000 erhalten pro Einwohner 472 Euro, bei Gemeinden bis 30.000 sind es 515 Euro und jene mit mehr als 30.000, also Bozen und Meran bekommen wegen des größeren Verwaltungsaufwandes eine noch höhere Summe.
Und wie viel steht für die Investitionen zur Verfügung?
Dafür stehen derzeit jährlich ungefähr 60 Millionen Euro für alle Gemeinden zur Verfügung. Zudem werden noch Geldmittel aufgrund von Sondergesetzen verteilt, für Sportstätten und den Zivilschutz beispielsweise.
Mittlerweile müssen aber 74 Millionen Euro aus dem Topf der Gemeindefinanzierung als sogenannter „Landesbeitrag zur Finanzierung der Darlehen“ abgezwackt werden. Dieser Betrag steht den Gemeinden zur Verfügung, um Darlehen, also Geldanleihen bei den Banken zurück zu zahlen.
Dann haben die Gemeinden doch jede Menge Geld?
Auf den ersten Blick ja, es heißt immer:„…ja dafür haben die Gemeinden Geld- aber dafür nicht!“ Aber Achtung, da darf man nichts vermischen. Die laufenden Ausgaben einer Gemeinde müssen immer mit den laufenden Einnahmen gedeckt werden. Gelder des Landes für Investitionen dürfen nicht für laufende Ausgaben verwendet werden. Nur ein eventueller Überschuss zwischen laufenden Einnahmen und laufenden Ausgaben darf investiert werden. Ein System, das langsam infrage gestellt werden muss, da es der Gemeinde die Entscheidungsfreiheit entzieht.