Coronavirus-Pandemie und südtirol festival merano.meran
Im Sommer 2020 von Eva Pföstl
MS: Herr Cappello, rechnen Sie damit, dass das Südtirol Festival Meran heuer regulär ab Ende August stattfindet?
A. Cappello: Laut heutigem Stand der Dinge bin ich sehr zuversichtlich, dass unser Festival auch in diesem besonderen Jahr ein anspruchsvolles und interessantes Programm wird durchführen können. Das Festival beginnt wie immer Ende August, und da die Infektionen bereits deutlich abgenommen bzw. die Neuinfektionen nahezu den Nullpunkt erreicht haben, hoffe ich sehr, dass wir das Schlimmste überstanden haben. Aufgrund der außergewöhnlichen Situation haben wir einige Konzerte umgeplant. Musikalisch steht das diesjährige Festival im Zeichen des Friedens und der Empathie. Innerhalb Juni werden wir das Programm im Detail bekannt geben.
MS: Welche Orte können bespielt werden?
A. Cappello: Mit dem Kursaal und dem Pavillon des Fleurs verfügt Meran über Konzertsäle, die den Sicherheitsanforderungen bestens gerecht werden: Die Säle können perfekt gelüftet werden und auch die Klimaanlage funktioniert mit Frischluft. Im Kursaal können und werden wir acht Zugänge aktivieren, die direkt vom Freien in den Saal führen. Jede Konzertkarte wird einem bestimmten Zugang zugeteilt. Dadurch findet eine gleichmäßige Verteilung der Personenflüsse statt. Wenn bisher 1.000 Besucher durch den Haupteingang geschleust wurden, stehen jetzt für ca. 420 Personen 8 verschiedene Eingänge zur Verfügung. Es wird also sicher keinen Personenstau geben und die Mindestabstände können garantiert werden. Die kleineren Orte wie die umliegenden Schlösser und Kirchen können wir in diesem Jahr leider nicht bespielen.
MS: Müssen Sie die Sitzplätze halbieren? Wenn ja, lohnt sich dann das Festival noch?
A. Cappello: Das aktuelle Landesgesetz sieht u. a. einen Mindestabstand der Personen von einem Meter vor. Da im Kurhaus die Stühle nicht im Boden fixiert sind, können wir diese Mindestabstände problemlos einhalten. Die Folge ist allerdings, dass wir dadurch in etwa die Hälfte der Kapazität verlieren. Die andere Hälfte bleibt uns aber erhalten, und ich denke, dass die Menschen jetzt mehr denn je das Bedürfnis nach gemeinsamen Konzerterlebnissen verspüren. Musik bereitet Freude, sie kann ermutigen und Trost spenden, sie ist ein wesentlicher Teil unserer geistigen, intellektuellen und emotionalen Nahrung. In den letzten Monaten der gesellschaftlichen Isolierung hat sich auch gezeigt, dass Konzerte durch Musik mittels Live-Stream nicht zu ersetzen sind.
MS: Die sich abzeichnende Wirtschaftskrise wird auch das Kultursponsoring stark tangieren. Worauf stellen Sie sich ein?
A. Cappello: Das lässt sich jetzt noch schwer abschätzen. Mit unseren Sponsoren verbindet uns eine langjährige Zusammenarbeit, und dank dieser Unterstützung konnten wir das Festival in den vergangenen 34 Jahren kontinuierlich weiterentwickeln. Die jetzige Krise ist wohl für alle eine einschneidende und dramatische Erfahrung. Die globale Betroffenheit wird sicher langfristige Spuren hinterlassen und sicher kann man nicht sofort auf die Tagesordnung übergehen. Unsere Sponsoren zeichnet aber eine starke Sensibilität und ein großes Verantwortungsbewusstsein für die Gesellschaft aus. Gemeinsam werden wir auch in Zukunft tragfähige Kooperationsmodellen finden.
MS: Manche verkünden, die Welt werde nach Corona nie mehr dieselbe sein. Glauben Sie, dass alles wieder zum «Wie Gehabt» zurückgeht?
A. Cappello: Diese Pandemie wird tiefe und langfristige Spuren hinterlassen – in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher aber auch in individueller Hinsicht. Sie hat unser Bewusstsein und die Artikulation und Gewichtung der eigenen Werteempfindung verändert, und genau darin liegt auch eine Chance. Wenn wir imstande sind, dem Leben mit mehr Zufriedenheit und Sinn für Solidarität, mit mehr Dankbarkeit und Demut zu begegnen, dann erreichen wir damit auch eine bessere und feinsinnigere Lebensqualität. Mit unseren Konzerten möchten wir diese Botschaft vermitteln und einen entsprechenden Beitrag leisten.