„Das Ergebnis muss passen“
Im Winter 2013 von Karin Gamper
Thomas Frisanco ist seit 1. Jänner der neue Generaldirektor der SEL AG. Der Top-Manager aus Meran hat viele Jahre im Ausland verbracht und lebt jetzt mit Ehefrau Ni Wang und dem gemeinsamen Sohn wieder in seiner Heimatstadt. Ein Antrittsinterview.
Meraner Stadtanzeiger: Herr Frisanco, Sie haben Anfang Jänner die Stelle als Generaldirektor bei der SEL AG angetreten. Alles noch völlig neu oder gewinnen Sie langsam Boden unter den Füßen?
Thomas Frisanco: Ich komme zwar nicht aus der Energiewirtschaft, sondern aus dem Bereich Telekommunikation, aber es handelt sich in beiden Fällen um ein Versorgungsgeschäft. In beiden Sektoren wird zudem mit Netzwerken gearbeitet. Sie sehen also, dass die Basis dieselbe und somit nicht alles ganz neu für mich ist. Der einzige Unterschied besteht darin, dass das Energiegeschäft etwas gemütlicher abläuft. Im Telekommunikationswesen geht die Entwicklung teilweise sehr rasant voran. Ich arbeite mich derzeit ein und kann dabei auf das Fachwissen meiner Bereichsleiter und des SEL-Präsidenten zurückgreifen.
Stadtanzeiger: Sie haben sich gegen 200 Bewerber durchgesetzt. Womit konnten Sie punkten?
Thomas Frisanco: Das weiß ich nicht, weil man es mir nicht gesagt hat. Ich habe selbst darüber nachgedacht und bin zum Schluss gekommen, dass es mehrere Faktoren waren. Ich spreche fließend vier Sprachen, habe Auslandserfahrung und obendrein für große Unternehmen gearbeitet. Als Südtiroler passe ich kulturell wahrscheinlich besser in dieses Umfeld als viele der ausländischen Mitbewerber. Außerdem hatte ich durch meine lange Abwesenheit den Vorteil, dass ich nicht mit dem lokalen Energiesektor verstrickt bin. Das war aus verständlichen Gründen eine der Grundanforderungen an den neuen Generaldirektor.
Stadtanzeiger: Was hat Sie dazu bewogen, zurück in die Heimat zu kommen?
Thomas Frisanco: Ich war zuletzt Berater für Telekommunikation in Vietnam und schon länger auf der Suche nach einer beruflichen Veränderung. Ich habe dann ein Rundmail der Vereinigung der Auslandssüdtiroler „Südstern“ bekommen, in der auf die Ausschreibung der Stelle des SEL-Generaldirektors hingewiesen wurde. Da habe ich mich dann beworben.
Stadtanzeiger: Und wie steht Südtirol in Ihren Augen da?
Thomas Frisanco: Gut. Südtirol ist eine Provinz mit hohem Lebensstandard und einer gesunden Wirtschaft.
Stadtanzeiger: Als Nachfolger von Ex-SEL-Direktor Maximilian Rainer treten Sie ein schweres Erbe an. Haben Sie einen Scherbenhaufen vorgefunden?
Thomas Frisanco: Scherbenhaufen ist etwas übertrieben ausgedrückt. Die SEL AG hat durch die Stein-an-Stein-Affäre einen großen Imageverlust und den Wegfall der gesamten Führungsspitze verkraften müssen. Wirtschaftlich ist dem Unternehmen jedoch daraus kein Schaden entstanden.
Stadtanzeiger: Wie meinen Sie das?
Thomas Frisanco: Das Kleinkraftwerk in Mittewald war für die SEL AG wirtschaftlich uninteressant. Schwerer wiegen dagegen die Vorwürfe der Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe der Konzessionen. Hier ist noch völlig offen, wie die Sache ausgehen wird.
Stadtanzeiger: Haben Sie Maximilian Rainer seit Ihrem Amtsantritt einmal persönlich getroffen?
Thomas Frisanco: Nein, und das war aus beruflicher Sicht auch nicht nötig. Ich kann über ihn eigentlich nur sagen, dass er einen eher spontanen, instinktiven Führungsstil hatte. Dem Unternehmen fehlt dadurch ein strategisches Management-System. Die mittleren und unteren Organisationseinheiten hatten wenig Entscheidungsbefugnisse und Handlungsspielräume, was sich jetzt ändern soll.
Stadtanzeiger: Wird die SEL AG die Schatten der Vergangenheit jemals wieder los werden?
Thomas Frisanco: Wir arbeiten daran. Die SEL AG hat zurzeit ein Imageproblem. Der Ruf des Unternehmens ist jedoch schlechter als die Gesellschaft tatsächlich dasteht. So haben sämtliche Marktanalysen ergeben, dass unsere Angebote an die gewerblichen und an die privaten Kunden die günstigsten am Markt sind. Aber wahrgenommen wird immer nur das Gejammer. Die Affären werfen weiter ihre Schatten. Das müssen wir ändern.