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Der größte Raubzug der Geschichte

Warum die Fleißigen immer ärmer werden und die Reichen immer reicher

Lesezeit: 13 min

Im Winter 2013 von Gudrun Esser

Dieser Artikel erschien vor 10 Jahren im Meraner Stadtanzeiger und ist unter Umständen nicht mehr ganz aktuell
Der größte Raubzug der Geschichte
Der größte Raubzug der Geschichte

Matthias Weik (rechts im Bild) und Marc Friedrich sind Autoren dieses Buches. Die beiden Wirtschaftsexperten befassen sich schon seit geraumer Zeit mit der globalen Wirtschaft und den Finanzmärkten. Einst überzeugte Kapitalisten, hat sie die Suche nach der Ursache für die Weltwirtschaftskrise zu Kapitalismus-Kritikern werden lassen. Ihr Buch erobert derzeit die Bücherhitlisten der Fachmagazine. In der Rubrik „Sachbuch“ der deutschen Wochenzeitung „Der Spiegel“ landete es inzwischen auf Platz vier. Ähnlich erfolgreich schneidet es auch im Handelsblatt oder Managermagazin ab.

Ein Fachbuch – ungewöhnlich gestaltet mit Comics. Unter den 889 Quellen, die Grundlage für die Recherche bildeten, sind neben Fachliteratur auch Glossen und andere Zeitungsartikel sowie Fernsehshows. Den beiden Autoren geht es vor allem um eines, nämlich allen interessierten Menschen, ob alt oder jung, das Phänomen zu erklären. Mit Erfolg, wenngleich man sich nach der Lektüre auch wünscht, das Buch nie gelesen zu haben, so ernüchternd ist das Fazit von Matthias Weik und Marc Friedrich, die über das Interview mit dem Meraner Stadtanzeiger hoch erfreut waren.

Meraner Stadtanzeiger: In Ihrem Vorwort heißen Sie den Leser herzlich willkommen zu einer spannenden Reise in die Welt des Wahnsinns, der Lügen, des Betrugs und der größten Kapitalvernichtung, die die Menschheit je erlebt hat. Hat Sie die Recherche zu Zynikern gemacht, oder waren Sie das vorher bereits?
Matthias Weik: Zyniker, ja!? Also wir sind lebensbejahende Menschen mit einer gesunden Portion Humor. Aber das Thema ist so ernst, da darf man seinen Humor nicht verlieren. Vielleicht ist genau das auch das Geheimnis für den Erfolg des Buches, dass wir komplexe Dinge verständlich ausdrücken, aber auch einen kompletten Stilbruch für ein Finanzbuch begehen. Nicht nur die Quellen sind anders, die Comics usw.; wir nehmen auch die Protagonisten, wie Vorstandsvorsitzende, auf die Schippe und nennen sie Vorturner, weil sie es eben auch sind.
Marc Friedrich: Bei mir war das etwas anders. Ich stehe dem System schon seit 2001 skeptisch gegenüber. Damals war ich in Argentinien und musste da den Staatsbankrott mitbekommen. Bis dahin war ich allerdings Turbokapitalist: Karriere, Geld verdienen, Haus in der Karibik, all diese Träume. Der Bankrott allerdings hat dieses Weltbild völlig auf den Kopf gestellt. Seit der Entwertung des Peso, weiß ich, das System kann so nicht funktionieren. Intention für uns beide, das Buch zu schreiben, war es, einfach die vielen Nachrichten, die seit 2008 auf uns einprasselten, zu sortieren. Weil auch wir als finanzaffine Menschen nichts mehr verstanden haben. Es war uns ganz wichtig, das möglichst mit einer einfachen Sprache und für alle verständlich zu tun.

Stadtanzeiger: Das Buch ist eine Zusammenfassung dessen, was Sie schon seit einigen Jahren betreiben?
Marc Friedrich: Ja, seit der Pleite von Lehman, 2008, halten wir unter dem Titel „Der größte Raubzug der Geschichte“ Vorträge. Die Recherche lässt letztlich keinen besseren Titel zu. Es ist wahrhaftig der größte Raubzug der Geschichte.

Stadtanzeiger: Raubzug, Raubrittertum, wer sind denn demnach die Raubritter von heute?
Weik/Friedrich: Die Finanzindustrie. Die gesamte Finanzbranche, mithilfe der Politik! Die Politik steht Schmiere beim größten Raubzug der Geschichte.
Matthias Weik: Das Spannende ist, dass das nicht nur Italien, Österreich oder Deutschland betrifft, sondern ein globales Problem ist. Einige wenige machen sich die Taschen voll und der Staat, also wir alle, haften dafür. In den meisten Ländern Europas ist das Finanzsystem derart ungerecht, dass es nur fünf Prozent der Bevölkerung dient. Diese fünf Prozent legen die Beine hoch und der Rest der Bevölkerung rennt im Hamsterrad. In den USA sind es sogar 99 Prozent, die rennen und ein Prozent, das davon profitiert. Da frage ich mich, warum wir in einer Demokratie so ein Finanzsystem haben.

Stadtanzeiger: Umgekehrt könnte man fragen, ob wir noch in einer Demokratie leben. Der Untertitel Ihres Buches lautet: „Warum die Fleißigen immer ärmer werden und die Reichen immer reicher.“ Hieße das im Umkehrschluss, dass die Reichen nicht fleißig sind?
Marc Friedrich: Ja, wir haben eben ein zutiefst ungerechtes Finanzsystem. Wie Herr Weik gerade schon gesagt hat, ist die Aufgabenverteilung höchst ungerecht. Wir haben ein Schuldgeldsystem. Das bedeutet, die Schulden der einen sind das Vermögen der anderen. Da wir ein Geldsystem haben, das auf Zins und Zinseszins beruht, ist es mathematisch zum Scheitern verurteilt!
Wir haben auch mal ausgerechnet, ab wann man von unserem Finanzsystem profitiert:
Matthias Weik: Ich profitiere von etwas, wenn ich besser dastehe, das einmal vorausgeschickt. Ich profitiere von unserem Finanzsystem, wenn meine Einnahmen aus leistungslosem Einkommen meine Zinsausgaben übersteigen. Leistungsloses Einkommen sind z.B. Immobilien, Aktien, Anleihen, Derivate etc. Wenn Sie als Leser jetzt sagen, Sie zahlen keine Zinsen, dann muss ich Sie enttäuschen, auch wenn Sie privat keine Schulden haben. Der Staat ist verschuldet und Sie zahlen die Zinsen. Die meisten Unternehmen haben Schulden. Jedes Mal, wenn Sie eine Ware oder Dienstleistung kaufen, bezahlen Sie Zinsen. Auch wenn Sie mit Bus und Bahn fahren. Aber auch die Banken sind bis unters Dach verschuldet. Also zahlen Sie bei jedem Bankgeschäft, das Sie tätigen, verdeckt Zinsen. Sie zahlen also ständig Zinsen. Wir hatten ausgerechnet, dass man in Deutschland finanziell nur dann ausgeglichen dasteht, wenn man ein Vermögen von 800.000 Euro hat. Ein Banker hat uns allerdings eines Besseren belehrt und gesagt, dass es dafür inzwischen eine Million Euro braucht. Ein vierköpfiger Haushalt müsste also vier Millionen besitzen, um tatsächlich auf null zu sein, keine Zinsen mehr zu zahlen. Erst wenn Sie mehr als vier Millionen haben, profitieren Sie von unserem Finanzsystem.
Marc Friedrich: Frau Esser, profitieren Sie von unserem Finanzsystem?

Stadtanzeiger: Wenn ich Ihr Buch richtig verstanden habe, mache ich alles falsch, ich bin fleißig, zahle Steuern und versuche mich auch sonst rechtschaffen zu verhalten.
Friedrich/Weik: Wir profitieren auch nicht, trotz des Bestsellers (lachen).

Stadtanzeiger: In Ihrem Buch erklären Sie, wie sich das Wertesystem verschoben hat. Dem Geld stand einst der Realwert Gold gegenüber. Diese Verbindlichkeit und damit auch eine Sicherheit unseres Geldwertes wurde abgeschafft. Sie dividieren in Ihrem Buche sämtliche Schritte, die zur Krise geführt haben, auseinander. Grob zusammengefasst lief es etwa so: Jemand nahm einen leeren Karton, den er in einen größeren leeren gestellt und weitergegeben hat, mit dem Versprechen, etwas Wertvolles befinde sich darin. Der Adressat hat dem Absender vertraut, geglaubt und die Kartons in einen weiteren, größeren leeren gestellt und wiederum weitergegeben usw. Am Schluss hat jemand das riesige Geschenk ausgepackt und entsetzt festgestellt, dass nichts darin und alles völlig wertlos ist ...
Friedrich/Weik: Genauso war und ist es. Denn wir haben seit 1971 ein ungedecktes Papiergeldsystem!! Seitdem drucken sämtliche Notenbanken der Welt unlimitiert Geld. Das ist mit nichts gedeckt, außer mit unserem Vertrauen. Und der Euro bzw. die Eurozone ist leider eine beispiellose Serie von Vertragsbrüchen, Manipulation, Lug und Trug. Das ist schon ein sehr schlechtes Fundament für eine Währung, wenn sie nur noch auf Vertrauen basiert.
Matthias Weik: Wir können ja nicht unendlich Geld drucken. Das wird einem bereits im ersten Semester Volkswirtschaftskunde vermittelt: Wenn man Geld druckt und nicht gleichzeitig Waren oder Dienstleistungen erzeugt, führt das zur Inflation.

Stadtanzeiger: Die Politik ist dennoch nicht eingeschritten, um zu regulieren. Das wissen wir inzwischen alle. Vielmehr scheint es, so beschreiben Sie es in Ihrem Buch, wurden immer neue Geschäftsideen mit neuen Namen dafür kreiert, Spielregeln ausgedehnt. Dagegen scheinen Geld, Karten und Plastikhäuser des Gesellschaftsspiels Monopoly einen höheren Realwert zu haben als diese Wertbriefe, Anleihen, Aktien, die in Folge der hohen Verschuldung auf den Markt geworfen wurden. Sie erklären in Ihrem Buch sämtliche Begriffe gut verständlich, um so mehr muss man mit dem Kopf schütteln. Hinzu kommt, dass die meisten Geldgeschäfte von Computern geführt werden. Sind denn nur noch sogenannte Schrottpapiere auf dem Markt?
Matthias Weik: Nein, nicht alle Papiere sind Schrottpapiere. Aber das, was wir mit diesen Beispielen deutlich machen wollten, ist, dass das gesamte System aus den Fugen geraten und mutiert ist. Es gibt zum Beispiel unkontrollierte, synthetische Papiere auf dem Markt im Wert von 800 Billion Dollar (eine 8 mit 14!!! Nullen), die im Jahr gehandelt werden. In der Welt werden aber nur Güter im Wert von 70 Billion Dollar produziert. Und seit 2008, also seit der Lehmann-Pleite, wurde nichts getan, um diesen deregulierten Markt wieder in den Griff zu bekommen. Es wird lediglich Schadensbegrenzung betrieben. Aus ökonomischer Sicht haben die alles falsch gemacht. Statt das Feuer zu löschen, wurde nur noch mehr Benzin ins Feuer gegossen.
Die Krise entstand durch zu niedrige Zinsen und zu billiges Geld. Wie wird sie bekämpft: mit historisch tiefen Zinsen und unlimitiert viel Geld. Der Euro wird grandios in einem Fiasko scheitern, wenn die Politik nicht sofort eine 180-Grad-Wende vollzieht.
Marc Friedrich: Wir sind überzeugte Europäer, vielleicht auch, weil wir beide lange im Ausland gelebt haben. Aber derzeit treibt der Euro einen Keil zwischen die Länder. In Spanien und Griechenland herrscht eine Arbeitslosigkeit fast wie am Ende der Weimarer Republik. Früher konnten die Länder Löhne und Gehälter senken oder auch die Währung abwerten. Aber im Zinskorsett der Europäischen Zentralbank geht das nicht mehr.

Stadtanzeiger: Die Technokratenregierung, die nun ein Jahr Italien regiert hat, hat einen Fachmann an der Spitze, der an sich vom Bankengeschäft etwas verstehen sollte. Mario Monti arbeitete Jahre für Goldman Sachs, ein weltweit tätiges Investmentbanking- und Wertpapierhandelsunternehmen mit Sitz in New York. Auch der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, arbeitete für das Unternehmen. Ist diesen Fachleuten nicht zuzutrauen, dass sie einen Weg aus der Krise wissen?
Marc Friedrich: Nein, wir betrachten das mit ganz gemischten Gefühlen! Man könnte fast meinen, dass wir gerade die feindliche Übernahme der Finanzindustrie erleben. Weder Monti noch Draghi wurden demokratisch gewählt. Draghi ist Wächter unseres Geldes. Alles, was er als EZB-Präsident bisher getan hat, waren Geldgeschenke an die Finanzbranche. Er hat mit dem uneingeschränkten Einkauf von Staatsanleihen Verträge gebrochen usw. Auch der ehemalige griechische Premierminister und Chef der damaligen griechischen Übergangsregierung war bei Goldman Sachs. Der hat mit Draghi sogar den Handel mit den manipulierten griechischen Statistiken eingefädelt, mit denen sich Griechenland in die EU reinbetrogen hat, möchte ich sagen. Und wenn man dann noch beachtet, dass der neue Chef der Bank of England zum ersten Mal kein Engländer ist und auch vorher bei Goldman Sachs war, dann bekommt das meiner Ansicht nach einen ganz gefährlichen Beigeschmack. Es gibt zwar keine Beweise, es ist aber durchaus vorstellbar, dass die alten Seilschaften noch funktionieren.

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Meraner Stadtanzeiger Online-WerbungMortec Tore
Ausgabe 4/2013
Meraner Stadtanzeiger 4/2013
Fr, 22. Feb 2013

  • Editorial 04/2013
  • Angelika Rainer
  • Die Fichte (1)
  • Von Murmeltieren und Rennpferden
  • Gestohlen und verkauft?
  • Jupiter am Abendhimmel
  • Das "Trockene Auge"
  • Der größte Raubzug der Geschichte
  • „Das Ergebnis muss passen“
  • Thomas Hampson gibt Musik Meran die Ehre
  • "Eine Bank in der Sonne" im Theater in der Altstadt
  • Ein Bild sagt mehr als tausend Worte (2)
  • Winterwanderung zur äußeren Schwemmalm
  • Hören und lauschen
  • Danke, Benedikt!

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