„Ein wesentlicher Grund für meine Rückkehr war der Charme Merans”
Im Sommer 2020 von Eva Pföstl
MS: Frau Oberprantacher, Sie folgen auf Herta Torggler als Direktorin bei Kunst Meran. Mit welchen Erwartungen gehen Sie an diese neue Herausforderung?
M. Oberprantacher: Ich freue mich sehr, dass mir diese tolle und verantwortungsvolle Aufgabe anvertraut wurde. Gleichzeitig bin ich mir der Herausforderung bewusst, die die Leitung des Kunsthauses mit sich bringt. Es gilt, den Blick auf das Organisatorische, Finanzielle und Inhaltliche gleichermaßen zu richten, denn die Position der Direktion und Geschäftsführung umfasst diese unterschiedlichen Bereiche. Ich bin somit nicht nur für den organisatorischen und administrativen Bereich zuständig, sondern auch mit der Frage konfrontiert, wie man diesen mit der programmatischen Ausrichtung von Kunst Meran sinnvoll verbindet. Mein Anliegen ist es also, die administrativen Rahmenbedingungen mit dem künstlerisch-kuratorischen wie vermittlerischen Programm in Einklang zu bringen und dabei den gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Kontext von Meran und seiner Umgebung zu berücksichtigen.
MS: Nach langjährigen internationalen Erfahrungen, was reizt Sie besonders an Meran?
M. Oberprantacher: Neben der Ernennung zur Direktorin von Kunst Meran – der wesentliche Grund für meine Rückkehr –, war es der Charme Merans. Nach Jahren in der Großstadt genieße ich nun eine kleine, übersichtliche Realität. Meran ist eine unglaublich lebenswerte Stadt mit einer wunderschönen Umgebung, hervorragendem Essen und gutem Wetter. Also all das, wofür Meran wertgeschätzt wird.
Aber darüber hinaus besitzt Meran für mich eine ganz besondere Ausstrahlung, die ich unbedingt ergründen möchte. Da ich selbst nicht in Meran aufgewachsen bin, hält die Stadt für mich viele unbekannte Geschichten und Einblicke bereit. So finde ich z.B. die Vergangenheit Merans als Kurstadt sehr spannend oder auch die verschiedenen Persönlichkeiten, die hier gelebt und logiert haben, man denke nur an Peggy Guggenheim und Franz Kafka. Dies mit einem zeitgenössischen Blick aufzufächern, zu vertiefen und zu deuten, finde ich unglaublich reizvoll.
MS: Wo steht Ihrer Meinung nach Kunst Meran heute und wo soll es hingehen?
M. Oberprantacher: Kunst Meran hat sich in nur 19 Jahren eine sehr positive Wahrnehmung erarbeitet, sei es beim Publikum, also bei der Südtiroler Bevölkerung und den Gästen, als auch bei der Fachwelt. Innerhalb des Südtiroler Kulturspektrums zeichnet sich Kunst Meran durch ein interdisziplinäres Programm und einen Zusammenklang mehrerer Schwerpunkte aus, die ganz unterschiedliche Personen ansprechen. So bilden die Design- und Architekturausstellungen (vorwiegend kuratiert von Ursula Schnitzer) und die Kunstausstellungen (zurzeit kuratiert von Christiane Rekade; die neue oder der neue Kurator/-in wird bald ernannt) wiederkehrende Programmpunkte. Und dieses interdisziplinäre Programm ist sicherlich ein Grund, weshalb Kunst Meran sehr geschätzt wird. Genauso wichtig erscheint mir auch die Beschäftigung mit historischen Bewegungen der Kunst und Kultur aus einer zeitgenössischen Perspektive. Und genau diesen Weg möchte ich weiterverfolgen.
MS: Welche Idee für Kunst Meran möchten Sie auf jeden Fall verwirklichen?
M. Oberprantacher: Ohne zu viel zu verraten – es muss auch erst alles noch mit der Co-Direktorin Herta Torggler, dem Team, dem Präsidenten Georg Klotzner und dem gesamten Vorstand besprochen werden – denke ich aktuell darüber nach, die gängigen Muster der Kunsterfahrung zu durchbrechen. Das heißt, dass Kunst neben der Betrachtung und der gedanklichen Beschäftigung auch dazu einladen sollte, die Rolle der betrachtenden Person vom Passiven ins (künstlerisch)-Aktive zu wechseln.
Wie das aber genau aussehen könnte, muss noch überlegt, diskutiert, geplant und vor allem budgetiert werden.
MS: Wie wollen Sie die Meraner für mehr Kunst begeistern?
M. Oberprantacher: Ich wünsche mir, dass in Kunst Meran eine Begegnung mit Kunst stattfinden kann, die einerseits alltäglich ist und gleichzeitig eine absolute Wertschätzung bereithält. Dass also Kunst nichts Abgehobenes ist, sondern ganz unterschiedliche Erfahrungen ermöglicht, die zum Denken, Schmunzeln, Wundern, Vertiefen und zu vielem mehr einladen. Schließlich bietet uns die Kunst die Möglichkeit, auf uns und unsere Umwelt mal nicht auf die gewohnte Weise zu schauen, sondern eröffnet uns ganz neue Lesarten.
MS: 2021 feiert Kunst Meran das 20-jährige Jubiläum. Was dürfen wir uns erwarten?
M. Oberprantacher: Auf jeden Fall ein spannendes Programm. Zum einen wird die Beschäftigung mit der Kulturgeschichte Merans durch die Ausstellung „Kultur in Bewegung. Meran 1965 – 1990“ (die Vorgängerausstellung befasste sich mit den Jahren 1945 – 1965) fortgeführt. Hier werden verschiedene künstlerische Positionen präsentiert, die das Meraner – und nicht nur – Kulturleben stark geprägt haben. Zum anderen wird ein anderer Programmschwerpunkt zukunftsgerichtet sein, sich also mit den Fragestellungen der Gegenwart und mit dem Blick auf die Zukunft beschäftigen.
Sobald die Programmplanung für 2021 finalisiert ist, werden wie sie entsprechend kommunizieren und freuen uns über großes Interesse und rege Teilnahme.