Kassenbon-Lotterie
Lesezeit: 3 minIm Herbst 2020 von Eva Pföstl
Lotto ist eine große Leidenschaft der Italiener - und so manche böse Zunge würde hinzufügen, dass dies auch für die Steuerhinterziehung gilt, die oft immer noch als Kavaliersdelikt gesehen wird. Mit einer Kassenzettel-Lotterie will Italien nun die Steuerhinterziehung eindämmen.
Registrieren kann man sich ab dem 1. Dezember, los geht’s mit dem 1. Jänner 2021. Mit diesem Stichtag müssen Einzelhändler und ihnen gleichgestellte Wirtschaftstreibende die Daten der Tageseinnahmen elektronisch speichern und telematisch der Einnahmenagentur melden. Um bei der Lotterie mitzumachen, müssen die Verbraucher sich auf dem Portal www.lotteriadegliscontrini.gov.it registrieren. Durch die Registrierung erhält man einen Lotteriekodex, den man dann dem jeweiligen Unternehmer mitteilen muss. Mitmachen kann jeder Volljährige, der Einkäufe ab einem Wert von einem Euro getätigt hat. Pro 10 Cent soll ein Lotterielos ausgestellt werden. Für einen Einkaufswert von einem Euro gäbe es somit bereits zehn Lotterie-Lose. Bezahlt der Kunde bargeldlos, gibt es 20 Prozent mehr Lose. Monatlich sind Preise bis zu 10.000 Euro vorgesehen, jährlich soll es eine Schlussziehung mit Gewinnen bis zu 1 Mio. Euro geben.
Der Staat erhofft sich durch die Einführung der Kassenzettel-Lotterie eine Eindämmung der Steuerhinterziehung. Wenn die Bürger den Kassenzettel einfordern, um an dem Gewinnspiel teilzunehmen, dann müssen Unternehmen die Steuerquittung immer ausgeben. Es gibt mehrere Vorbilder für diese Idee – auch in Europa. Seit einigen Jahren haben etwa die Slowakei, Malta, Portugal, Rumänien und Albanien diese Lotterie eingeführt. Laut deren Berechnungen konnte die Steuerhinterziehung dadurch tatsächlich reduziert werden.
Wir haben zu diesem Thema den Steuerexperten, Dr. Egon Gerhard Schenk, um ein kurzes Interview gebeten.
MS: Herr Schenk, was halten Sie von dieser Initiative?
E. Schenk: Nach dem Beispiel von Taiwan und Malta (seit 2012), Portugal (seit 2014), Albanien, Rumänien, Griechenland (seit 2015) will auch Italien ab 01.01.2021 eine Lotterie mit den ausgestellten Kassenbelegen verknüpfen. In Spanien konnte kurzfristig eine Umsatzsteigerung der Gewerbetreibenden von 20 % festgestellt werden. Langfristig ist jedoch anzunehmen, dass nur bei größeren Einkäufen die Initiative Erfolg haben wird. Das System ist, typisch italienisch, zu sehr verbürokratisiert worden. In den meisten Ländern enthält bereits der Kassenbeleg die Nummer mit der man an der Lotterie teilnimmt. In Italien muss man sich zuerst auf einem Internetportal anmelden und dann den Lotteriekodex bei jedem Einkauf dem Wirtschaftstreibenden mitteilen. Dieser muss dann die Kombination zwischen Kassenbeleg und Lotteriekodex der Einnahmenagentur telematisch übermitteln.
MS: Gibt es einen Mehraufwand für Unternehmen?
E. Schenk: Absolut. Die Unternehmen müssen innerhalb 31.12.2020 einen ‚upgrade‘ an ihren Registrierkassen vornehmen. Vor der Erstellung des Beleges muss der Unternehmer den Lotteriekodex (nicht die Steuernummer) des Kunden eingeben und dann den Beleg dem Kunden aushändigen. Ich möchte mir nicht vorstellen, was passiert, wenn in einer Bar mehrere Kunden gleichzeitig einen Kaffee bezahlen und an der Lotterie teilnehmen wollen.
MS: Welche Zahlungen sind ausgeschlossen?
E. Schenk: Grundsätzlich keine. Für bargeldlose Zahlungen sind jedoch höhere Lotterieprämien vorgesehen. Ziel des Systems ist nicht nur die Eindämmung der Steuerhinterziehung, sondern auch den bargeldlosen Zahlungsverkehr zu fördern. Bei Ankäufen von Medikamenten kann man nicht an der Lotterie teilnehmen, wenn man den Steuerabzug von 19 % beansprucht.
MS: Welche Auswirkungen hat diese Initiative auf den Verbraucherschutz? Werden wir dadurch zu „gläsernen Menschen“?
E. Schenk: Durch den persönlichen Lotteriekodex wird der Käufer völlig anonymisiert. Lediglich der Staat weiß, welcher Lotteriekodex mit welcher Steuernummer verbunden ist.
Nachtrag
Die Regierung hat den Entwurf des Haushaltsgesetzes für das Jahr 2021 genehmigt. Bezüglich der Kassenbonlotterie sind folgende Änderungen geplant:
- der Beginn der Lotterie wird auf den 1. Juli 2021 verschoben.
- an der Lotterie dürfen nur Einkäufe mit bargeldlosem Zahlungsverkehr teilnehmen.
- die ausbezahlten Lotterieprämien sind steuerfrei.