„Kunst kann eigentlich alles sein oder nichts“
Sommergespräch mit Arnold Mario Dall’O
Im Sommer 2017 von Eva Pföstl
Meraner Stadtanzeiger (MS): Gerhard Richter hat einmal gesagt, über Malerei zu reden sei sinnlos. Finden Sie das auch so?
Dall’O: Ja, ich bevorzuge eigentlich auch, über das Leben zu reden, weniger über die Kunst, denn über das Leben zu reden erschließt die Kunst.
MS: Was bedeutet dann Kunst für Sie?
Dall’O: Ich bemühe mich, in meiner Kunst dort mit dem Denken zu beginnen, wo vielleicht Worte nicht ausreichen, und das zu denken, was zu denken nutzlos ist. Kunst ist nutzlos im positiven Sinne und beginnt dort, wo es keinen ökonomischen Mehrwert hat.
MS: Wenn Kunst nutzlos ist, muss sie dann schön sein?
Dall’O: Kunst ist Kunst. Sie ist weder nützlich noch schön noch hässlich. Kunst kann schön sein, kann provokant sein, kann hässlich sein – muss es aber nicht: Kunst kann eigentlich alles sein oder nichts.
MS: Welche Aufgabe hat Kunst?
Dall’O: Kunst bereichert. In dem Sinne, dass sie einen intellektuellen Mehrwert schafft. Sie führt auf Umwege, lenkt ab, ist ironisch oder ernst, manchmal politisch. Kunst ist für mich weder belehrend noch ein Dogma.
MS: Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich?
Dall’O: Ich beschäftigte mich – wie eigentlich alle Künstler – mit Themen, die das Leben, die Liebe, die Hoffnung, den Tod und den Glauben betreffen.
MS: Wie hat sich die Kunst und die Kunstwelt in den letzten Jahrzehnten verändert?
Dall’O: Vieles hat sich geändert. Kunst ist so teuer wie nie. Mittlerweile ist die Kunstwelt, insbesondere der Kunstmarkt, ein knallhartes Geschäft. Noch nie wurde so viel Geld mit Kunst gemacht. Eine kleine Gruppe von Galeristen und Kunstsammlern bestimmt in Zusammenarbeit mit Kritikern, Museen und Aktionshäusern was und wer am Kunstmarkt gekauft wird. Ein großer Teil der Kunst ist heutzutage von einem gewissen Marktwert geprägt; Qualität ist dann oft zweitrangig. Damit will ich nicht sagen, dass teure Künstler nicht gut sind, aber leider hat sich das Geld eine Definitionsmacht über die Kunst geschaffen. Immer mehr Menschen kaufen Kunst nicht nur aus Leidenschaft, sondern sehen es auch als Investition.
MS: Herr Dall’O, was sagen Sie zu der Entwicklung der Kunstwelt in Südtirol in den letzten 20 bis 30 Jahren?
Dall’O: Südtirol hat eine erstaunliche Entwicklung gemacht – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch in der Kunst. Wir haben in unserem Land im Verhältnis zur Bevölkerungsanzahl eine hohe Dichte an Künstlern, die sich national und international behaupten.
MS: Worauf ist das zurückzuführen?
Dall’O: Vielleicht liegt es an der Anzahl der hohen Berge, der Enge der vielen Täler oder der großen Anzahl der (Apfel)bäume. Wer weiß? Vielleicht liegt es aber auch an der Besonderheit unseres zwei- bzw. dreisprachigen Landes: die Mischung zwischen latentem Konflikt und Harmonie zwischen den Volksgruppen. Erstaunlich ist allerdings, dass es wenige anerkannte italienischsprachige Künstler im Lande gibt.