Rotary Club Meran
Für den Dienst an der Gemeinschaft
Im Sommer 2020 von Eva Pföstl
Von Anfang an war das Rad Symbol für Rotary. Genauer betrachtet, ist es ein Zahnrad. Und Zahnräder sind es, die Kräfte übertragen, egal ob es die zierlichen Räder eines Uhrwerks sind oder die gewaltigen Räder im Motorengetriebe eines Ozeandampfers. Zahnräder greifen ineinander, sie bewegen etwas, so wie auch die Mitglieder des Rotary Clubs. Der Rotary Club ist der größte Serviceclub weltweit und verfolgt zahlreiche lokale und internationale Hilfs- und Friedensprojekte. Die größte Errungenschaft des Clubs ist nach wie vor die „Ausrottung“ der Kinderlähmung durch das weltweite Sammeln von Spenden. Der Anfang von Rotary, rund um den umtriebigen Rechtsanwalt Paul Harris, war 1905 in Chicago. Heute ist Rotary mit mehr als 1,2 Millionen berufstätigen Männern und Frauen in circa 35.000 Clubs vertreten. Seit der Gründung des ersten Clubs hat sich Rotary zu einem weltumspannenden Netzwerk engagierter Männer und Frauen entwickelt, die eine gemeinsame Vision verfolgen. Sie wollen denen zur Seite stehen, die sich nicht selbst helfen können: im lokalen Umfeld der eigenen Gemeinde und in internationalen humanitären Hilfsprojekten. Rotary besteht aus drei Teilen: den Clubs, der Dachorganisation Rotary International und der Rotary Foundation.
Der Rotary Club Meran wurde 1962 gegründet und zählt heute 50 Mitglieder aus Meran und Umgebung. Die Mitglieder treffen sich fast wöchentlich, um sich auszutauschen und Ziele für Projekte in gesellschaftlichen und sozialen Bereichen abzustecken. Eines der besonderen Markenzeichen des Clubs ist die gewachsene Freundschaft, die auch die jeweiligen Partner einbezieht und zu einem intensiven Austausch führt.
Wie alle Rotary Clubs auf der Welt versteht sich der Meraner Rotary Club als sozialer Helfer und engagiert sich mit seinen Service-Projekten für die sozial schwächeren und bedürftigen Menschen in unserer Gesellschaft. Seit seiner Gründung finanzierte der Club für mehrere Hunderttausende Euro soziale und karitative Projekte – auf der ganzen Welt, aber auch vor Ort in Meran und Umgebung. Aktuelles Beispiel sind Rotary Einkaufsgutscheine für Lebensmittel. Der Rotary Club Meran hat in Zusammenarbeit mit den Clubs in Bozen und Brixen „Rotary Card“ ins Leben gerufen. Diese Wertkarte soll vor allem älteren und bedürftigen Personen für den Einkauf von Lebensmitteln zur Verfügung gestellt werden. Die Verteilung erfolgt direkt über die einzelnen Rotarier und über den Verein „Licht für Senioren“. Weiters wird aktuell in diesen Wochen die Aktion KIDS SUMMER Meran/o 2000 in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Meran und mit Unterstützung der Meran 2000 AG organisiert. In diesem schwierigen und von Corona geprägtem Sommer geht es darum, Familien aus verschiedenen Stadtvierteln Merans finanziell zu unterstützen und ihnen eine Hilfe für die Kinderbetreuung anzubieten. 75 Kinder zwischen 6 und 13 Jahre, aufgeteilt in kleinen Gruppen, werden zu einem Erlebnistag auf Meran 2000 eingeladen. International hat sich der Meraner Rotarier Club für ein Brunnenbauprojekt in „Benin“ in Westafrika eingesetzt und unterstützt in Zusammenarbeit mit Rotary International fortlaufend neue Projekte. Rotary setzt sich seit über 65 Jahren gegen die Kinderkrankheit „Poliomyelitis“ ein. Seither konnten über 2,5 Milliarden Kinder weltweit gegen diese furchtbare Krankheit geimpft werden.
Wir haben Andreas Eisenkeil, der in den letzten Jahren den Vorsitz des Rotary Clubs Meran innehatte, und seinen Nachfolger Erwin Troger zu einem Sommergespräch getroffen.
MS: Herr Eisenkeil, Sie hatten im letzten Jahr den Vorsitz des Rotary Clubs Meran inne. Erzählen Sie uns doch kurz über das Wesen von Rotary in Meran.
A. Eisenkeil: Der Rotary Club Meran vereint sehr dynamische und aktive Mitglieder ganz unterschiedlicher Berufsgruppen, die sich einheitlich dafür einsetzen, anderen Menschen zu helfen. Gemeinsam werden Projekte in die Tat umgesetzt. Mein Ziel war es, in Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern und in Ergänzung mit den Clubs Bozen und Brixen mehrere soziale Projekte zu verwirklichen. Wir haben unsere Kräfte, Fähigkeiten und finanziellen Ressourcen gebündelt und konnten so gemeinsam einiges bewegen. Ein gutes Beispiel ist das Entenrennen, das bereits zum dritten Mal in Zusammenarbeit mit anderen Serviceclubs organisiert wurde. Der Erlös wurde lokalen Hilfsorganisationen und für gute Zwecke zur Verfügung gestellt. Diese gemeinsamen Aufgaben erfüllen alle mit der Freude und der Genugtuung, einen Beitrag für unsere Gesellschaft zu leisten, vor allem für jene, die durch Schicksalsschläge oft auf der Schattenseite stehen.
MS: Herr Troger, Sie haben seit Juli den Vorsitz übernommen. Auf welche Bereiche werden Sie sich in Ihrem Jahr konzentrieren? Und was möchten Sie erreichen?
E. Troger: Andreas Eisenkeil (mein Vorgänger) hat im letzten Rotary-Jahr sehr viel bewegt, neue Ideen umgesetzt und nachhaltige Projekte initiiert, einige mussten coronabedingt unterbrochen werden. Diese werde ich weiterverfolgen, das gilt speziell für den Jugendbereich, aber auch für internationale Großprojekte in Zusammenarbeit mit anderen Clubs. Seit kurzem hat Rotary einen neuen Schwerpunktbereich: den Umweltschutz. Der Rotary-Preis 2020, gestiftet von den Clubs aus der Region Trentino-Südtirol, wurde Prof. Georg Kaser verliehen, konnte aber wegen Corona noch nicht überreicht werden. Wir werden uns das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit zu Herzen nehmen und hoffentlich auch das allseits beliebte Entenrennen zusammen mit den anderen lokalen Service-Clubs wieder „live“ abhalten können. Ziel ist es auch, Rotary einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen und zu zeigen, dass Rotary eben kein elitärer, verstaubter Verein ist, und dieses Sommergespräch bietet dazu bereits eine gute Möglichkeit – dafür herzlichen Dank.
MS: Man hört vielfach, Rotary Clubs seien elitäre Vereinigungen, in der vor allem Geschäftskontakte gepflegt werden. Stimmt das?
A. Eisenkeil: Ich würde es so sagen, die Mitgliedschaft in einem Rotary Club ist nicht dafür gedacht, dadurch geschäftliche Vorteile zu erlangen. Vielmehr geht es darum, dass Menschen mit gewissen Wertvorstellungen Gleichgesinnte treffen und gemeinsam sich für die Umsetzung von Hilfsprojekten engagieren.
MS: Wenn man Rotary bei Wikipedia nachschlägt, stößt man auf das Stichwort Service- Clubs. Das ist für viele ein merkwürdiger Begriff, da stellt man sich alles Mögliche vor, aber wahrscheinlich nicht das Richtige. Was ist das Richtige?
E. Troger: Rotary ist weit mehr als ein Service-Club, der nur spendet. Es wäre oft einfacher und bequemer, eine Spende zu geben anstatt sich selbst einzubringen, aktiv an Projekten mitzuarbeiten, diese persönlich vor Ort zu betreuen und aktiven Service zu leisten. Ein typisches Beispiel eines aktiven rotarischen Handelns ist die Unterstützung von jungen Menschen mit Beeinträchtigung. Dazu werden während des Sommers eigene Camps organisiert und von Teams Rotarischer Freiwilliger beaufsichtigt. Mit diesen „Handicamps“ wird vielen jungen Menschen mit Beeinträchtigung ein erholsamer Urlaub ermöglicht.
MS: Es gibt eine Reihe von Service-Clubs, Rotary ist der älteste. Was unterscheidet Rotary von den Lions, Soroptimist, Round Table und Kiwanis?
A. Eisenkeil: Genau, Rotary ist der älteste Club und war Vorreiter. Lions ist der mitgliederstärkste Service-Club der Welt. Jeder der genannten Clubs hat seine Schwerpunkte und Projekte. Man tauscht sich auch aus und wenn es um eine gute (größere) Sache geht, werden auch gemeinsame Aktivitäten gestartet, nach dem Motto „gemeinsam helfen“. Das beste Beispiel dafür ist das Entenrennen, bei dem alle lokalen Service-Clubs beteiligt sind und das heuer coronabedingt digital stattgefunden hat. Ca. 25.000 € konnten dem Vinzenzverein dadurch gespendet werden. Alle Service-Clubs dieser Welt leisten einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft und dieses Gedankengut und dieser Aktivismus verbindet alle gemeinsam.
MS: Beim Rotary Club kommen Menschen aus unterschiedlichen Berufsgruppen zusammen. Welche Aufnahmekriterien gibt es?
E. Troger: Grundsätzlich entscheidet jeder Club frei, welche konkreten Voraussetzungen gelten. Wichtig ist, man kann nicht selbst beitreten, sondern wird von einem Mitglied vorgeschlagen. Ziel ist, viele verschiedene Personen in einer Gemeinschaft zusammenbringen, alle auf ihre Art spannend und interessant, in ihren Berufen oder Bereichen erfolgreich. Die Club-Satzung will, dass möglichst viele Berufsgruppen repräsentiert werden, so spiegeln die Mitglieder auch die Gesellschaft am besten wider.
MS: Wie erleben Sie Rotary jetzt in der Covid-Krise?
A. Eisenkeil: Rotary lebt vom regen Gedankenaustausch, den persönlichen Kontakten, von Gruppendynamik, lokal wie international, während der vielen gemeinsamen Treffen. Diese sind coronabedingt ausgefallen, jedoch hat Corona gezeigt, dass auch oder gerade in Krisenzeiten Rotary sehr schnell reagiert. In kürzester Zeit wurde eine eigene Plattform für Videokonferenzen errichtet und neue Corona-Hilfsprojekte wurden in kürzester Zeit umgesetzt wie z.B: Ankauf von Beatmungsgeräten, Masken, EK-Gutscheine. Natürlich standen Corona-Hilfen im Vordergrund, trotzdem wurden die vielen anderen laufenden Hilfsprojekte nicht vergessen. Corona hat gezeigt, wie wertvoll es ist, auf eine schnell reagierende Organisation wie Rotary zurückgreifen zu können.
MS: Rotary ist die größte private Organisation, die Austausch organisiert, im Kern vor allem einjährige Schüler-Austausche weltweit. Wie schaut es diesbezüglich in Meran aus?
E. Troger: Der Jugend-Austausch nimmt einen großen Bereich von Rotarys internationalen Diensten ein. Jedes Jahr ziehen innerhalb des Programmes Rotary Youth Exchange ca. 9.000 Studenten um die Welt, entweder zu einem kurzen Sommeraufenthalt oder um ein ganzes Schuljahr (4. Oberschule) bei Gastfamilien in anderen Ländern zu absolvieren. Die Gastfamilien werden von Rotary ausgewählt. Der RC Meran leistet hier einen konstanten Beitrag. Im Schnitt betreuen unsere Gastfamilien 3 bis 4 Jugendliche pro Jahr. Neben dem Schulbesuch werden in familiärem Kreis Rahmenprogramme und kulturelle Reisen organisiert. Zurzeit haben wir zwei Studentinnen aus Australien und Südafrika bei uns. Sofern es die allgemeine gesundheitliche Situation erlaubt, werden im Jänner sechs Meraner Studenten ins Ausland starten und vier Auslandsstudenten nach Meran kommen. Zudem stellt der RC Meran mit Stefano Battisti den Präsidenten der Kommission für den Jugendaustausch im Distrikt.
MS: Kommen wir zur Schlussfrage für sie beide: Was hat Rotary Ihnen als langjähriges Mitglied gebracht und wie Ihr Leben verändert?
A. Eisenkeil: Ich habe durch Rotary wunderbare Menschen kennengelernt. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie viele trotz eines ausgefüllten Terminkalenders, Zeit und auch Geld zur Verfügung stellen, um einen positiven Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten.
E. Troger: Viel Freude, Genugtuung und Dankbarkeit, verbunden mit vielen schönen und spannenden Momenten.