Im Herbst wird alles anders
Im Herbst 2013 von Verena Maria Hesse
Sind sie der Herbsttyp?
So mit Wohnung kuschelig einrichten, in Rottönen gehaltene Pölster auf dem Sofa, Tischdecke passend zu den sich färbenden Bäumen draußen, dicke Decke beim Fernsehen, Badesalze mit Aromaessenzen à la „Kaminfeuer“ oder „Wintertraum“, viele Kerzen aufstellen - immer mit der Angst im Nacken, dass man die Bude abfackelt - schwere, das kalte, schwarze Glas in der Finsternis verhüllende Vorhänge? So mit Törggelen gehen mit den Freunden, mit gebratenen Kastanien, „Sußer“, Schlachtplatten mit ordentlich Hauswürsten, Sauerkraut und Blähungen im Anschluss? So mit „selber wieder zu Stricken beginnen“, sich Wolle kaufen und sich vornehmen, bis spätestens Allerheiligen das Schal-Mützen-Ensemble heuer eigenhändig zu produzieren? So mit „ich hab keine gescheite Winterjacke mehr“, hab die Schnauze voll von dem „Monclear“, den ich seit drei Saisonen trage, heuer muss ein „Blauer“ her oder ein „Woolrich“, oder ein „Peuterry“. So mit Budapestern in halbhoch, steif und hart, aber trendy und mit „Stutzen“ in Wolle?
Sind Sie das? Oder werden Sie depri allein beim Gedanken an die Zeitumstellung und das damit verbundene Nachtwerden um 17.00? Kriegen Sie Wallungen beim Gedanken an den Winterspeck, den die kommende kalte Jahreszeit heuer wieder mit sich bringen wird (und noch viel mehr an das Loswerden desselbigen im Frühjahr)? Werden Sie nervös beim Gedanken an Weihnachten in rund zwei Monaten, dem damit verbundenen Konsumwahn und den Besuchen bei den Schwiegereltern, die sich und Sie seit Jahren fragen, ob denn das nächste Jahr wohl eine Hochzeit oder zumindest ein Enkelkind ansteht? Zucken Sie auf ihrem Sessel herum beim Gedanken an Winterreifen, Schneeketten, Chaos im Frühverkehr, rutschigen Gehsteigen und matschigem Sissipark? Sind Sie überhaupt einer der Menschen, die sich durch Jahreszeiten, meteorologische Bedingungen oder andere „äußere Umstände“ beeindrucken lassen oder sagen Sie, völlig unbeeindruckt, dass es sich dabei um höhere Gewalt handelt und Sie es eh wie sieben Milliarden andere auf diesem Planeten nicht ändern können? Generell drängt sich mir die Frage auf (und ich bin ein bekennender Herbsttyp, also volles Programm mit Teelichten, Badesalzen, Winterjacken, Mützen und vielem, ja fast unerträglich vielem mehr…), inwieweit man sich oft durch eben diese „äußeren Umstände“ beeinflussen lässt, man seine Stimmung davon abhängig macht, ob es denn was bringt, sich den Kopf zu zerbrechen, weil es laut Wetterbericht morgen regnet oder nicht und ob dieser kommende Winter ein Jahrhundertwinter wird, ein ganz ganz harter oder nicht und ob man heute den Bus nehmen muss oder nicht. Ich ertappe mich selber immer wieder dabei, mich von solchen – und sind wir ehrlich: letzten Endes sind es Banalitäten - lenken zu lassen, mir darüber den Kopf zu zerbrechen und mich danach zu richten, obgleich es völlig Wurst ist, ob die Perspektive an Heiligabend heuer nicht die Beste ist, mein „Peuterry“ auch schon in die Jahre kommt und mir die Jury von „The voice of Germany“ letztes Jahr lieber war, ob die Welt wieder dem „Ugg“ Fieber verfällt und ob ich die Butterkekse heuer mal mit weniger Butter ausprobieren soll.