Das Ende stockdunkler Nächte
Im Sommer 2022 von Dr. Luis Fuchs
Bozen, Meran, Brixen bei Nacht: um die Wette leuchtende Lichtermeere. Unter dem Leitsatz „Mehr sehen mit weniger Licht“ hat die Landesregierung vor Kurzem die Richtlinien erlassen, wonach die nächtliche Lichtverschmutzung eingeschränkt wird. Neben der Energieeinsparung wird dabei auf den Schutz der Umwelt und des ökologischen Gleichgewichts sowie auf das Wohlbefinden der Bevölkerung abgezielt, versichert der Landeshauptmann Arno Kompatscher. Auch Betriebe müssen die Lichtverschmutzung reduzieren, indem sie ganzjährig zwischen 23.00 und 6.00 Uhr Beleuchtungen weitgehend ausschalten.
Nur noch an wenigen Orten der Erde herrscht nach Sonnenuntergang echte Finsternis. Diese als ein schützenswertes Gut zu betrachten, ist eine relativ neue Erkenntnis. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die elektrische Beleuchtung in den Städten installiert, sodass fortan die Dunkelheit für ländliche Rückständigkeit stand. Kunstlicht wurde „zum Symbol der Moderne, von Fortschritt, Wohlstand und einer aufregenden, glitzernden Großstadtkultur“, vermerkt der Astrophysiker Axel Schwope. Viele Großstadtbewohner haben die Milchstraße noch nie zu Gesicht bekommen, denn statt der Sterne erstrahlen Straßenzüge, Gebäude und Reklametafeln. Neben Astronomen wünschen sich auch Biologen weitere Refugien der Finsternis. Für viele Tiere hat der Lichtmüll tödliche Folgen. Irritiert vom allgegenwärtigen Streulicht prallen Vögel gegen hell erleuchtete Hochhäuser.
Aufschlussreich ist ein Vergleich des Pro-Kopf-Stromverbrauchs für die öffentliche Beleuchtung: Im Jahr 2019 kostete diese jeden Bürger in Italien rund 30 Euro, wohingegen in Deutschland bescheidene 5 Euro reichten.
Mit dem „Water Light Festival“ beabsichtigten heuer Brixner Initiatoren auf die wertvolle Ressource Wasser aufmerksam zu machen. Das Spektakel gab Anlass zu Debatten über Energieverschwendung und Lichtverschmutzung. Der Direktor des Naturkundemuseums, David Gruber, forderte den Abbruch dieser Brixner Attraktion, denn man weise auf die Verschwendung von Wasser hin, indem man Licht verschwende. Wenn zudem blaues Licht in den Nachthimmel gestrahlt werde, irritiere das Zugvögel und Insekten und lasse sie die Orientierung verlieren. Das Festival gab auch Anlass zur Diskussion darüber, wie hell Kunst leuchten darf und ab wann Mensch und Natur ein Recht auf Dunkelheit haben.