Einmal im Jahr 24 Stunden nichts kaufen
Im Herbst 2022 von Dr. Luis Fuchs
Einen ganzen Tag nichts kaufen sollten wir am letzten Samstag im November, an dem der „Kauf-nix-Tag“, auf Englisch „Buy Nothing Day“, angesetzt ist. Der in den 90er-Jahren in Kanada gestartete Aktionstag wird bereits in über 60 Ländern organisiert. Dieser Kauf-nix-Tag ist nicht zufällig für Ende November ausgerufen worden, denn zu diesem Zeitpunkt nimmt das Weihnachtsgeschäft erfahrungsgemäß Fahrt auf. Zudem steht zur selben Zeit der „Black Friday“ an, der in den nordamerikanischen Staaten zu den umsatzstärksten Tagen zählt und mittlerweile auch bei uns mit außerordentlichen Rabatten und Schnäppchen Kunden ködert.
Der Kauf-nix-Tag ist ein guter Anlass, das eigene Konsumverhalten bewusst zu hinterfragen, und zwar zu einem Zeitpunkt, an dem wir uns schwertun, uns dem Konsumtrubel zu entziehen: eben kurz vor Weihnachten. Die Umwelt wird es uns danken, wenn wir von Fahrten in entlegene Einkaufszentren absehen und auf vielfach unnötige Bestellungen im Versandhandel verzichten. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nahe liegt? Werden wir uns einmal bewusst, welchen Mehrwert die fachkundige Beratung beispielsweise in alteingesessenen Geschäften der Meraner Altstadt darstellt! Bedauerlicherweise sind bodenständige Betriebe zunehmend von internationalen Handelsketten verdrängt worden.
Der Kauf-nix-Tag soll als Anregung dienen, auf Überflüssiges zu verzichten und uns mit dem Notwendigen zufriedenzugeben. Dies geht keineswegs auf Kosten der Lebensqualität, denn „arm ist nicht wer wenig, sondern wer viel braucht“, gab Peter Rosegger zu verstehen. Das rechte Maß beim Kaufen zu finden, bezeichnet die Philosophin Ines Maria Eckermann als „Konsumgelassenheit“. Diese Gelassenheit stellt sich ein, wenn wir unseren täglichen Bedarf realistisch einschätzen und uns nicht von unrealistischen Werbeversprechen zu stetem Konsum verleiten lassen.
Die „Sucht nach mehr“ haben bereits die Philosophen der griechischen Antike als „Pleonexia“ bezeichnet. Der Begriff setzt sich aus den altgriechischen Wörtern „pleon“ (mehr) und „echein“ (haben), also „mehr haben“, zusammen. Aristoteles bemängelte, dass viele Menschen dem Geld und dem Ruhm nachrennen würden und damit am Glück vorbei. Die Neigung, mehr von allem haben zu wollen, wird gemeinhin als „Gier“ bezeichnet. Doch ist es augenscheinlich, dass unser Planet die immer hungrige Pleonexia nicht unerschöpflich wird sättigen können. Bereits Mahatma Gandhi warnte: „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.“ Zudem wird die Gier niemals satt, sie ist wortwörtlich unersättlich. Wilhelm Busch bediente sich hierzu eines anschaulichen Gleichnisses aus dem Tierreich: „Erfüllte Wünsche kriegen Junge, viele wie die Säue.“