Pflanze nie vor der kalten Sophie
Im Frühling 2021 von Dr. Luis Fuchs
„Bevor das Elend wieder losgeht: Nein, es gibt keine Eisheiligen. Es ist ein reiner dumm deutscher Aberglaube seit Jahrhunderten, wie dass der Mond Einfluss aufs Wetter hätte.“ Mit kategorischer Bestimmtheit rechnet der Wetter-Experte Kachelmann mit dem „Eisheiligen-Irrsinn“ auf Twitter ab. Aufgebrachte Blogger lösen hierauf einen Entrüstungssturm aus: „Ich finde die Eisheiligen besser als die Scheinheiligen“, kontert ein entrüsteter Schreiber.
Die Eisheiligen gehen auf jahrhundertealte Berichte von Bauern zurück. Sie haben die Witterungsverhältnisse genau beobachtet und festgestellt, dass an den Tagen der Eisheiligen oft eine letzte Kaltluftfront mit entsprechenden Nachtfrösten hereinbrach. Die kalten Strömungen müssten aber nicht genau in diesem Zeitraum auf uns zukommen, verfrühte oder verspätete Eisheilige seien ebenso möglich, präzisiert der Meteorologe Dominik Jung.
In Norddeutschland gilt der Mamertus als erster Eisheiliger, er ist am 11. Mai der Tagesheilige im kirchlichen Kalender. In Süddeutschland, Österreich und auch in Südtirol gelten Pankratius, Servatius, Bonifatius und die Sophie als Eisheilige. Pankratius ist am 12. Mai der Tagesheilige: Er zählt zu den ersten Märtyrern, sein Name bedeutet „Der alles Besiegende“. Der 13. Mai ist der Tag des Servatius: Der damalige Bischof von Belgien soll den Hunneneinfall in Europa vorhergesagt haben, der tatsächlich um 450 stattfand. Der Heilige wurde bei Frostschäden, Fußkrankheiten und Rattenplagen zur Hilfe gerufen. Am 14. Mai ist der Bonifatius von Tarsus der Tagesheilige; sein Name bedeutet „Der gutes Geschick verheißende“. Die Sophia von Rom, Tagesregentin am 15. Mai, ist auch als „kalte Sophie“ bekannt; sie wurde oft um Beistand bei Spätfrost um eine gute Ernte gebeten.
Die Eisheiligen genießen nicht nur in unserem deutschsprachigen Raum Wertschätzung. Auch in anderen Ländern Europas sind sie bekannt; so nennt man sie in Frankreich „Saints de glace“ und in England „Ice Saints“.