Sommerloch und Nachrichtenflut
Im Sommer 2022 von Dr. Luis Fuchs
Der August gilt in Italien traditionsgemäß als klassischer Ferienmonat. Stressfreie Schulferien und wohlverdiente Betriebsferien stehen an. Unsere Ferien gehen auf die römischen „feriae“ zurück; es waren die heiligen Festtage, an denen Arbeit und Geschäfte ruhten. Auch unsere „Feier“ ist von diesen „feriae“ entlehnt, und der Abend vor dem Festtag ist also der Feierabend.
In Italien gipfeln die Ferien im „Ferragosto“. Ursprünglich waren dies die „feriae Augusti“. Der erste römische Kaiser Augustus feierte drei Tage lang vom 13. bis 15. August im Jahre 29 v. Chr. die Eroberung Ägyptens. Die katholische Kirche legte etwa 500 Jahre später das Fest Mariä Himmelfahrt auf diesen wichtigen staatlichen Feiertag, den 15. August. Es dürfte damit der älteste heute noch begangene Feiertag sein. Um diesen Tag herum planen viele Italiener ihren Urlaub. Die Stadtbewohner ziehen dorthin, wo es kühl ist: ans Meer oder in die Berge. Nicht zufällig werden die Ferien auch als „vacanze“ bezeichnet, was vom lateinischen Wort „vacans“ kommt und „leer“ oder „unbesetzt“ bedeutet. Die Mittsommertage gelten als nachrichtenarme Zeit, denn Redakteure haben ihre liebe Not, Zeitungen, Radio- und Fernsehsendungen mit Inhalten zu füllen. Dieser sommerliche Nachrichtenmangel wird auch als „Sauregurkenzeit“ oder „Sommerloch“ bezeichnet.
Das Jahr 2022 fällt jedoch ganz aus der Reihe: Anstelle des üblichen Sommerlochs hat sich eine Nachrichtenflut eingestellt. Auf dem politischen Parkett Italiens herrscht derzeit Hochbetrieb. Seit Bestehen der Republik Italien gibt es zum ersten Mal zur Sommerzeit Wahlkampf. Parlamentswahlen haben bisher immer zwischen Februar und Juni stattgefunden. Giorgia Meloni von der Rechtspartei FdI präsentiert sich bereits als zukünftige Regierungschefin.
Zu einem Dauerbrenner hat sich diesen Sommer der Gesetzentwurf zum sog. Bettenstopp entwickelt. Er war alles eher als nur ein Lückenbüßer für eine Nachrichtenflaute. Mit Locher und Co. drohte der Volkspartei die oft beschworene Bereitschaft zu einer Konsensfindung abhandenzukommen.
Der Pragser Wildsee hat sich zur Touristenattraktion ersten Ranges gemausert. Möglich gemacht hat es nicht zuletzt die Foto-Plattform Instagram, wo unter dem Schlagwort #lagodibraies täglich abertausend Fotos gepostet und „gelikt“ werden. Ein Südtiroler Novum stellt die Erreichbarkeit dar: Wer mit eigenem PKW den idyllischen Ort erreichen will, muss die Zufahrtsberechtigung vorab buchen.