Vom Homo sapiens zum Homo smartphonensis
Im Frühling 2021 von Dr. Luis Fuchs
In Moskau stellt zurzeit das Künstlerkollektiv „Recycle Group“ einen Sarkophag aus Kunststoff aus. Zur Schau gestellt ist ein Leichnam, der krampfhaft ein Smartphone in Händen hält und als „Homo smartphonensis“ bezeichnet wird. Wie schon die alten Ägypter Schmuck für die Frauen und Waffen für die Männer mit ins Grab gaben, so dürfte ein Handy als symbolträchtige Beigabe dem Zeitgeist entsprechen.
Wie kein anderer Gebrauchsgegenstand ist das Smartphone in unserem Tagesablauf präsent; es hat sich zum unentbehrlichen, aber auch beliebten Begleiter entwickelt. Wenn das Handy weg ist, dann bricht für viele Nutzer die Welt zusammen. Manch einer kommt heute eher ohne Auto als ohne Smartphone aus. Zu all dem Nutzen stellen sich auch die Schattenseiten ein. Im Straßenverkehr gefährdet das Smartphone die Nutzer und die anderen Verkehrsteilnehmer. Der Hass im Netz ist gerade in Zeiten des Lockdowns virulent geworden. Manch ein Nutzer ist sogar der Handysucht verfallen. Ist also das Allzweckgerät ein Fluch oder ein Segen? „Bis heute wurden über 20.000 Studien über die Gefahren von Handystrahlen in Auftrag gegeben, aber noch keine einzige, die sich damit beschäftigt, wie viele Menschen durch Handys gerettet worden sind“, brachte es der Kabarettist Vince Ebert auf den Punkt.
Der Jugendliche bedient sich des Smartphones auch zum Spielen und somit wird er ein „Homo ludens“, also ein spielender Mensch. Das Spiel hat in der menschlichen Gesellschaft eine lange Tradition. In einigen Gräbern der alten Ägypter wurden Grabbeilagen entdeckt, die als Überreste von Spielsteinen interpretiert wurden. Johan Huizinga, der holländische Kulturphilosoph, prägte in den 30er-Jahren den Begriff „Homo ludens“, wonach der Mensch seine kulturellen Fähigkeiten vor allem über das Spiel entwickelte.
Albert Einstein behauptete sogar: „Spiel ist die höchste Form der Forschung.“ Welche Rolle bei Spielen das Geld mitspielt, zeigt uns der Fußball. Letzthin ist eine neue „Super League“ mit 12 Top-Clubs gegründet worden, die angeblich über ein Startkapital von 3,5 Milliarden Euro verfügte; der Sieger der Milliardenliga sollte 400 Millionen erhalten. Allerdings machten sechs involvierte englische Clubs auf Druck ihrer Fans und des Premiers Boris Johnson einen Rückzieher, womit das Projekt auch schon gescheitert ist.