Jeden Tag eine gute Tat
Im Sommer 2013 von Verena Maria Hesse
Wissen Sie, wenn jemand eines meiner Teile erwirbt und ich das Gefühl habe, das passt einfach, das ist wie Arsch und Hose, die Klamotte findet das richtige Zuhause, dann bin ich zufrieden.
Ich bin froh, wenn jemand in mein Geschäft kommt, sich ernsthaft und ohne Schleimerei für das, was ich mache, interessiert, sich von einer meiner Kolleginnen oder auch von mir beraten lässt und dann zufrieden mit einem Neuzugang für den Kleiderschrank den Laden verlässt. Mich zurücklässt mit dieser persönlichen Genugtuung, mit dieser Gewissheit, jemandem eine Freude gemacht zu haben, mit dieser Hoffnung, dass diejenige vielleicht sogar wiederkommt und mit dieser Bestätigung, dass alles gut so ist, wie es ist. Dass ich meine Sache gut gemacht habe und dass ich doch ein wenig mehr bin als eine Frau, die in der freien Zeit neben Koffer verkaufen, Windeln wechseln und Artikel schreiben (für die Vogue Italia – nein, ich meine natürlich den Meraner Stadtanzeiger) ein bisschen an ihrer Overlock rumhantiert.
Sehr oft gebe ich ein Stück nach dem kreativen Prozess und dem Anfertigen aus der Hand und denke mir nicht viel dabei. Ich bin froh, es verkauft, Platz für was Neues geschaffen und etwas dabei verdient zu haben. Das ist Alltag, das ist Routine, das ist das, was dazugehört.
Aber dann gibt es diese Kundinnen, die sich von mir verstanden fühlen, die sich mit meiner Mode identifizieren, die nachher nochmal zu mir kommen, um mir zu sagen, wie großartig der Auftritt mit meiner Kreation war, die ein Leuchten in den Augen haben, wenn sie davon berichten, wie viele Komplimente sie geerntet haben und von denen ich weiß, dass sie Wiederholungstäterinnen werden.
Wissen Sie, es ist nicht dasselbe, ob man irgendeine Mode verkauft oder seine eigene. Das, was man mit seinen Händen angefertigt hat, ist wie ein eigenes Baby, man hat den Stoff in der eigenen Waschmaschine vorgewaschen, man kennt jede Naht, jede Schwierigkeit im Schnitt und jede Möglichkeit der Handhabung, man stellt das Kind mit all seinen Tugenden vor, lobt seine positiven Eigenschaften und schließlich gibt man es zur Adoption frei.
Wenn man dann durch die Stadt geht und in einem Kaffee eines seiner „Kinder“ sitzen sieht, dann sieht man, ob sie es gut haben bei der neuen „Mutter“, im Herzen spürt man aber ewig diese Verbundenheit zu seiner „Brut“.